Oberbürgermeister Geisel setzt sich für "Sichere Häfen" ein

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Oberbürgermeister Thomas Geisel (links) im Gespräch mit Kirchentagspräsident Hans Leyendecker bei der Podiumsdiskussion auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund. DEKT/Fabian Weiss

Zum Abschluss der Podiumsdiskussion auf dem Evangelischen Kirchentag wurde eine Menschenkette gebildet. DEKT/Fabian Weiss

Der Evangelische Kirchentag in Dortmund setzt ein Zeichen für die Seenotrettung an den Grenzen Europas. Bei einer Podiumsdiskussion auf dem Kirchentag unter anderem mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, Dr. h.c. Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Carola Rackete, Kapitänin der Sea-Watch 3, Liza Pflaum, "Seebrücke - Schafft sichere Häfen", Birgit Zoerner, Stadträtin und Dezernentin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Dortmund, und seinem Amtskollegen aus Palermo, Leoluca Orlando, am Donnerstag, 20. Juni, setzte sich Oberbürgermeister Thomas Geisel dafür ein, dass solange sich auf EU-Ebene kein Fortschritt in den Verhandlungen abzeichnet, die nicht-staatlichen Seenotrettungs-Organisationen unterstützt werden, statt sie mit haltlosen Anschuldigungen zu überziehen und ihre Rettungsmissionen zu behindern. "Es ist eine unerträgliche Schande, dass tausende Menschen auf der Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrinken und es bislang keine europäische Lösung für das Thema Seenotrettung gibt. Was jetzt passiert ist Barbarei und unterlassene Hilfeleistung", so Geisel.

OB Geisel spricht sich dafür aus, dass die Bundesregierung sich in der EU und bei den Mitgliedstaaten für den Aufbau eines europäisch organisierten und finanzierten zivilen Seenotrettungssystems einsetzt. "Die Geflüchteten müssen nach einem fairen System auf alle Länder der EU verteilt werden. Die Staaten, in denen die Geflüchteten ankommen, dürfen mit der Aufnahme und Unterbringung nicht alleine gelassen werden. Mindestens sollte es die Bundesregierung ermöglichen, dass Bundesländer oder noch besser Kommunen, die dazu bereit sind, Geflüchtete aufzunehmen und ihnen ein Asylverfahren zu ermöglichen, dies machen dürfen."

Im Mittelmeer sind seit 2014 mehr als 18.000 Geflüchtete ertrunken. In diesem Jahr sind hunderte Tote zu beklagen, viele sterben in diesen Tagen ungesehen, ohne in den Statistiken erfasst zu werden. Die Route wird immer gefährlicher seitdem Nichtregierungsorganisationen daran gehindert werden, Menschen zu retten. Die Hilfsbereitschaft von Städten, Kommunen und Bürgerinnen und Bürgern überall in Europa ist groß. Es fehlt aber an einem europaweiten Verteilmechanismus, die im Mittelmeer geretteten Bootsflüchtlinge in der Europäischen Union unterzubringen. "Wir brauchen noch in diesem Sommer eine politische Notlösung", erklärten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirchen in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, und Palermos Bürgermeister Leoluca Orlando in einer gemeinsamen Erklärung. Oberbürgermeister Thomas Geisel unterstützt den sogenannten "Palermo-Appell", den bereits zahlreiche europäische Städte unterzeichnet haben. Er geht davon aus, dass dieser auch in der nächsten Ratssitzung am 4. Juli thematisiert wird.

Im "Palermo-Appell" heißt es unter anderem: "Denn weiterhin machen sich Menschen auf den Weg über das Mittelmeer. Migrationsbewegungen sind ein historisches Phänomen, das seine Ursprünge in dem Grundrecht der Menschen auf Mobilität hat. Auf der Suche nach besseren Lebensbedingungen, auf der Flucht vor Krieg, Armut und Klima-Katastrophen. In Hinblick auf das zu erwartende Ansteigen der Flüchtlingsströme im Laufe des Sommers ist es für die Europäische Union unabdingbar, sich auf ihre Grundwerte zu besinnen und Lösungen für die einzelnen Staaten zu finden, mit deren Hilfe neue Todesopfer im Mittelmeer verhindert und humanitäre Kanäle geschaffen werden können, und die die Rettung von Schiffbrüchigen und Menschenleben zur Priorität macht."

In dem Appell werden fünf konkrete Forderungen gestellt. Unter anderem wird gefordert, die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung zu beenden und eine politische Notlösung für die Verteilung der Bootsflüchtlinge zu finden. Deutschland solle außerdem eigene Schiffe zur Seenotrettung entsenden. Wörtlich heißt es außerdem: "Viele Städte und Kommunen in Europa wollen 'Sichere Häfen' sein! Lassen wir das Realität werden! Wir brauchen in der EU eine Koalition der Willigen, die jetzt handelt und eine zukunftsfähige Migrationspolitik entwickelt. Denn Menschen ertrinken zu lassen oder in die Lager in Libyen zurückzuschicken, kann keine Option für Europa sein."

Bürgermeisterinnen und Bürgermeister europäischer Städte sehen es als absolut notwendig an, dem Leiden im Mittelmeer ein Ende zu bereiten. Die Städte bieten ihre Unterstützung an, sehen sich aber von den europäischen Regierungen blockiert. So hat das zivile Seenotrettungsschiff "Sea-Watch 3" kürzlich 53 Personen gerettet, wird aber bisher am Einlaufen in einen sicheren Hafen gehindert. Im Rahmen des "SEEBRÜCKE-Kongresses" am 13./14. Juni wurde ein "Bündnis Städte Sicherer Häfen" gegründet. Die Städte Rottenburg am Neckar, Berlin und Kiel haben sich bereit erklärt, die 53 Geretteten aufzunehmen. In einem offenen Brief an Innenminister Horst Seehofer soll dieser aufgefordert werden, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anzuweisen, eine Aufnahmezusage für diese Geretteten zu erteilen und dafür zu sorgen, dass die Menschen in die genannten Städte kommen können. "Jetzt liegt es an Ihnen zu handeln. Lassen sie uns humanitäre Verantwortung übernehmen und bereiten wir dem anhaltenden Sterben auf dem Mittelmeer gemeinsam ein Ende", heißt es in dem Brief. Der Brief wird auch von den weiteren Stadtoberhäuptern des Bündnisses "Städte Sicherer Häfen" unterzeichnet. Dazu zählt auch Oberbürgermeister Thomas Geisel.

In einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten die Oberbürgermeister von Köln, Düsseldorf und Bonn bereits vor einiger Zeit angeboten, "in Not geratene Geflüchtete" aufzunehmen, weil ihre Städte dazu in der Lage seien. Henriette Reker (parteilos), Thomas Geisel (SPD) und Ashok Sridharan (CDU) wollen sich damit "gegen die vermeintlich herrschende Stimmung stellen, dass Zäune und Mauern statt eines gerechten europäischen Verteilsystems die Not der Geflüchteten lösen könnten". Bisher gibt es keine Antwort der Bundeskanzlerin.