Internationale Fachtagung zur Galerie Stern
| Kultur
Unter dem Titel "Die Galerie Stern im Kontext des Rheinischen Kunsthandels während des Nationalsozialismus" hat die Landeshauptstadt Düsseldorf am Mittwoch, 13. Februar, zu einer internationalen Tagung in das Haus der Universität eingeladen. Eröffnet wurde die Tagung durch die Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, Isabel Pfeiffer-Poensgen, Oberbürgermeister Thomas Geisel und Kulturdezernent Hans-Georg Lohe.
Über ein Dutzend namhafter Einrichtungen aus dem In- und Ausland beleuchten über den gesamten heutigen Tag das Thema in Vorträgen und Diskussionen. Unter den Referierenden befinden sich Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler des Museum of Modern Art (New York), des Metropolitan Museum of Art (New York), der Kulturstiftung der Länder, der Hamburger Kunsthalle, der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München sowie der rheinischen Universitäten und des Kunsthandels. Neben interessierten Bürgerinnen und Bürgern verfolgen im Publikum auch zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter unter anderem aus Galerien, Kunsthandel, Museen, Kunst- und Rechtswissenschaft die Veranstaltung. Die Fachtagung ist mit rund 150 Gästen komplett ausgebucht. Aufgrund des großen Interesses wurde die Tagung via Videokonferenz in einen weiteren Saal des Hauses übertragen.
Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen: "Die Geschichte der Galerie Stern, die hier in Düsseldorf ihre Wurzeln hatte und eine so tragische Wende nahm, ist ein wichtiges Thema für diese Stadt! Die Teilnahme zahlreicher Expertinnen und Experten an der Tagung bestätigt das große Interesse an dem Schicksal der Galerie Stern und an dem aktuellen Stand der Erforschung des Verbleibs der Kunstsammlung Stern. Die Tagung ist nicht nur für Düsseldorf und Nordrhein-Westfalen von Interesse, sondern thematisiert Fragen der gesamtdeutschen und internationalen Provenienzforschung."
Oberbürgermeister Thomas Geisel: "Max Stern war ein angesehener und bedeutender Düsseldorfer Galerist, der unter der Herrschaft der Nazis zur Aufgabe seiner Galerie und Emigration nach Kanada gezwungen war. An seinem Schicksal und am Verbleib seines ehemaligen Galeriebesitzes lassen sich exemplarisch die komplexen rechtlichen, aber auch moralischen Fragen erörtern, die im Zusammenhang mit der Restitution von Kunstwerken stehen, die jüdischen Besitzern während der Nazizeit abhandengekommen sind. Vor allem aber zeigt die Geschichte der Galerie Stern, wie notwendig es ist, sich mit der Provenienz von Kunstwerken zu befassen, die sich heute in öffentlichem Besitz befinden. Persönlich bedaure ich, dass das Max Stern Art Restitution Project eine Teilnahme am Symposium nicht ermöglichen konnte."
Kulturdezernent Hans-Georg Lohe: "Was uns als Landeshauptstadt Düsseldorf – genauso wie dem Max Stern Art Restitution Project und dem Stern-Projekt am Zentralinstitut in München – am Herzen liegt, ist eine Aufarbeitung des beruflichen wie auch persönlichen Schicksals des Düsseldorfer Kunsthändlers Max Stern. Auch uns geht es um eine Würdigung des Galeristen Stern, auch uns geht es um eine Anerkennung des politischen Opfers Max Stern, das er als Jude in der Zeit des Nationalsozialismus war. Ich danke Jasmin Hartmann und dem Team der Provenienzforschung für die gute Vorbereitung der Tagung. Ich freue mich, dass nach langer Vorbereitungszeit nun heute die Tagung zu Max Stern im Haus der Universität stattfindet und damit eine Plattform gegeben ist, um das Verfolgungsschicksal von Max Stern wissenschaftlich zu erörtern."
Tagung gliedert sich in vier Panels
Nach einer historischen Einführung in das Thema folgt ein Panel zur Galerie Stern im Kontext des Düsseldorfer Kunsthandels, wobei die Schwerpunkte auf den Biografien von Julius und Max Stern sowie der Galeriengeschichte liegen. Am Mittag stehen im dritten Panel die Quellen des Kunsthandels für die Provenienzforschung im Fokus, welche anhand von Beispielen von Max Stern sowie Kunsthändlern und Sammlern aus dem Rheinland aufgezeigt werden. Im vierten und letzten Panel folgen fünf Vorträge in Form von Case Studies zur Galerie Stern in Geschichte und Gegenwart. Sie fächern die Unterschiedlichkeit der Restitutions- und Provenienzfälle, die mit der Galerie Stern in Verbindung zu bringen sind, auf. Eine abendliche Podiumsdiskussion wird den Umgang mit Kunsthändlerbeständen hinsichtlich der Provenienzforschung und deren Nachlässe noch einmal aufgreifen und abschließend diskutieren. (Das vollständige Programm mit allen Vorträgen sowie Referentinnen und Referenten finden Sie im Anhang.)
Studentisches Projekt zu Max Stern vorgestellt
Im Rahmen der Tagung wurde zudem das studentische Projekt der Heinrich-Heine-Universität "Provenienz: Stern" vorgestellt. Interessierte Studierende des Instituts für Kunstgeschichte an der Universität Düsseldorf konnten im Sommersemester 2018 die Übung "Die Galerien Julius und Max Stern. Zum Schicksal eines jüdischen Kunsthändlers während der Zeit des Nationalsozialismus" besuchen. Angeboten wurde dieses von Univ.-Prof. Dr. Ulli Seegers und Jasmin Hartmann, der Provenienzforscherin der Landeshauptstadt Düsseldorf. Die aus der Übung gewonnenen Kenntnisse hat ein dreiköpfiges Team – bestehend aus den Masterstudierenden Jeanne Valérie Beckmann, Kateryna Kostiuchenko und Linn Gesche Küsters – anschließend in einem Teamprojekt erweitert und vertieft. Die Arbeit mündete in einer selbstständigen Provenienzrecherche von zwölf Gemälden der Sammlung des Kunstpalastes. Seinen Niederschlag fand das Teamprojekt in einer anlässlich der Tagung erscheinenden Publikation, die kostenlos (gegen einen mit 1,45 Euro frankierten Rückumschlag und solange der Vorrat reicht) auch über das Kulturdezernat zu beziehen ist.
Ziel der internationalen Tagung
Ziel der internationalen Tagung ist es, das Leben und Wirken von Max Stern in Geschichte und Gegenwart zu würdigen. Mit seiner Händlertätigkeit sind die Wege zahlreicher Kunstwerke auf ganz unterschiedliche Art und Weise verbunden, die im Einzelfall sowie im Kontext des Rheinischen Kunsthandels betrachtet werden. Zugleich werden die Vorträge Ausgangspunkt dafür sein, aktuelle Perspektiven der Provenienzforschung im Umgang mit Kunsthändlerbeständen zu formulieren und zu diskutieren.
Die Tagung wird finanziell vom Landschaftsverband Rheinland unterstützt.
Zum Kunsthistoriker Max Stern
Der Kunsthistoriker Max Stern (1904–1987) stieg 1928 in die 1913 gegründete und seit 1917 auf der Königsallee 23-25 ansässige Galerie seines Vaters Julius Stern (1867–1934) ein. Sie zählte neben den Galerien von Alfred Flechtheim, Hans und Georg Paffrath und Dr. Joseph Schönemann zu den prominentesten Adressen des Düsseldorfer Kunsthandels im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Max Stern gehört zu den Opfern des Nationalsozialismus. Aufgrund seiner jüdischen Abstammung wurde ihm 1935 die Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste und damit die Erlaubnis zur Weiterführung seiner Kunsthandlung verwehrt, bis man ihn schließlich zur Liquidierung seiner Galerie Ende 1937 zwang. Stern floh kurze Zeit darauf über Paris nach London und 1941 weiter nach Kanada ins Exil.
Ausstellung findet im Herbst 2020 statt
Die zu Max Stern im Stadtmuseum Düsseldorf ursprünglich geplante und zunächst abgesagte Ausstellung soll in ergänzter und überarbeiteter Form im Herbst 2020 im Stadtmuseum eröffnet werden. Im Vorfeld dieser Ausstellung möchte die Tagung offene Fragestellungen und aktuelle Forschungsstände im Zusammenhang mit der Galerie Max Stern aufgreifen. Mittels Einzelfallanalysen und Kontextforschung unter anderem zur Händlertätigkeit von Max Stern im Vergleich mit anderen Düsseldorfer und rheinischen Kunsthändlern soll der Komplexität des Themas Rechnung getragen werden. Die Erkenntnisse des Symposiums werden in die Ausstellungskonzeption einfließen.