Denn eine Personengruppe von vornherein aus unserer Bewerberliste auszuschließen, gehört sich nicht. Unsere Mitmenschen sind auf Wohnraum als ein Grundbedürfnis angewiesen. Kein(e) Vermieterin oder Vermieter sollte Menschen ohne festen Wohnsitz grundsätzlich ablehnen. Wir jedenfalls tun das nicht, denn wir wissen nicht, aus welchem Grund, ein Mensch in diese Situation geraten ist.
Bevor die Landesinitiative auf Sie zugekommen ist, wussten Sie wie schlimm Wohnungslosigkeit für die betroffenen Menschen ist?
Marius Overkott: Ehrlich gesagt, nein. Zwar vermieten wir seit längerer Zeit auch an geflüchtete Menschen, jedoch haben wir die „heimische Wohnungslosigkeit“ erst mit der Landesinitiative bewusst wahrgenommen. Aus dieser Gruppe hatten wir bisher auch keine Anfragen, wahrscheinlich trauen sich wohnungslose Menschen, die auf sich allein gestellt sind, eine Bewerbung nicht zu. Gerade deswegen ist die Landesinitiative eine gute Sache: Sie stellt ein Bindeglied dar zwischen Suchenden und Vermietenden. Die Landesinitiative vermittelt die Mieterinnen und Mieter, wir können den Wohnraum anbieten. Auch im Normalfall kostet uns jede Wohnungsneuvermietung Zeit und Geld. Wir müssen eine Auswahl treffen und entscheiden, ob ein Bewerber in die bestehende Hausgemeinschaft passt. Dabei können wir jedoch den Interessenten nur vor den Kopf schauen. Die Landesinitiative liefert uns mit dem Einverständnis der Mietinteressenten weitere Informationen über die Person, so dass wir besser beurteilen können, ob der/die neue Mieterin oder Mieter in die bestehende Hausgemeinschaft passen wird.
Wie haben Sie die Betreuung durch die Landesinitiative erlebt?
Marius Overkott: Die Kommunikation ist hervorragend. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesinitiative rufen regelmäßig an und fragen nach, wie es läuft oder ob es Schwierigkeiten gibt. Probleme werden dann gemeinsam gelöst. Die uns vermittelten Mieterinnen und Mieter werden von der Landesinitiative auf ihr neues Leben in einer eigenen Wohnung gut vorbereitet und weiter betreut. Bei der Wohnungsbesichtigung und dem Vertragsabschluss ist immer ein Begleiter der Landesinitiative dabei. Hier geht die Kommunikation in beide Richtungen. Wenn aus unserem Bestand eine Wohnung frei wird, die für einen Interessenten aus dieser Gruppe interessant sein könnte, melden wir uns bei der Landesinitiative. Dadurch verringern sich für uns Leerstandszeiten.
Bekommen die betroffenen Mieterinnen und Mieter mehr Aufmerksamkeit als andere?
Marius Overkott: Natürlich. Wir fragen nach, wie die Menschen zurechtkommen, telefonieren auch mal mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesinitiative. Auch wir übernehmen ein Stück weit Verantwortung für unsere neuen Mieterinnen und Mieter. Bei einem Polizeibeamten oder einem Arzt gehen wir davon aus, dass sie allein zurechtkommen.
Was haben Sie in dem Prozess gelernt?
Marius Overkott: Jeder von uns, egal wie es ihm heute geht, kann morgen in eine missliche Situation geraten, in der er auf Andere angewiesen ist. Gerade unter den Wohnungslosen gibt es viele Schicksale; Menschen, die unverschuldet in eine Notlage geraten sind. Diese brauchen möglicherweise dauerhaft gar nicht so viel Hilfe, sondern zunächst einmal ein Zuhause.
Wie würden Sie sich beschreiben? Als Vermieter mit sozialer Verantwortung?
Marius Overkott: Wir sind keine Wohltäter, wir sind ein Wirtschaftsunternehmen. Wir stellen unsere Wohnungen ja nicht kostenlos zur Verfügung. Wir sind ein ganz normaler Vermieter in Düsseldorf, tragen aber eine soziale Verantwortung – vor allem auf einem so angespannten Wohnungsmarkt wie hier.
Was würden Sie Vermieterinnen Und Vermietern sagen, die Bedenken haben?
Marius Overkott: Ich möchte diesen Vermieterinnen und Vermietern sagen: Sie brauchen sich wegen der Vermietung an einen Wohnungslosen keine Sorgen zu machen, wenn die Landesinitiative dahintersteht. Diese Menschen sind meist schon auf einem guten Weg, einige schaffen es vielleicht sogar zurück auf den Arbeitsmarkt. Denn die Probleme sind alle miteinander verknüpft: keine Arbeit, keine Wohnung, keine Chance. Das ist ein Teufelskreis. Wenn wir es schaffen, diesen gemeinsam zu durchbrechen, besteht die Chance auf ein neues Leben.
Warum können Sie nur dazu raten, bei der Landesinitiative „Endlich ein Zuhause“ mitzumachen?
Marius Overkott: Ganz einfach: Weil es keine Nachteile für eine(n) Vermieterin oder Vermieter gibt. Und das Konzept funktioniert: Alle Mieterinnen und Mieter, die seit Frühsommer 2020 im Rahmen der Landesinitiative zu uns gekommen sind, haben sich gut in ihrer Wohnung eingelebt. Egal, ob sie vorher wohnungslos waren: Die neuen Mieterinnen und Mieter sind ein ganz normaler Teil der Hausgemeinschaft.