Pressedienst der Landeshauptstadt Düsseldorf Jean-Pierre Léaud - Der sanfte Rebell Filmreihe im Filmmuseum Düsseldorf von Sonntag, 4. März bis Freitag, 30. März Mit insgesamt 14 Filmen widmet sich das Filmmuseum Düsseldorf, Schulstraße 4, dem vielseitigen und sechs Jahrzehnte umspannenden Werk von Jean-Pierre Léaud. Der Schauspieler und die Ikone des französischen Autorenkinos wurde zusammen mit Francois Truffaut und als dessen Alter Ego Antoine Doinel zum Aushängeschild der Nouvelle Vague. Léaud repräsentierte das Lebensgefühl der französischen Jugend in den 1950er- und 1960er-Jahren. Am Sonntag, 4. März, startet die Filmreihe im Filmmuseum um 15 Uhr. Bis zum 30. März können sich Interessierte die Filme zum Großteil im Original mit Untertitel anschauen.  Mit dem Antoine-Doinel-Zyklus zeigt das Filmmuseum die vier Langfilme und einen Kurzfilm Truffauts mit Léaud als chaotisch-charmanten und träumerischen Lebenskünstler in der Hauptrolle. Weitere Filme von Aki Kaurismäki, Jerzy Skolimowski, Bernardo Bertolucci, Bertrand Bonello und Jean-Luc Godard sowie sein aktueller Film, "Der Tod von Ludwig IXV" von Albert Serra, runden die Reihe ab. Jean-Pierre Léaud - geboren 1944 in Paris als Sohn einer Schauspielerin und eines Drehbuchautors - konnte sich bereits als Kind beim Casting für Francois Truffauts ersten Spielfilm "Sie küssten und sie schlugen ihn" (1959) für die Titelrolle des Antoine Doinel durchsetzen. So begann eine der fruchtbarsten und wichtigsten Kooperationen in der Filmgeschichte. Zusammen mit der Schauspielerin Claude Jade, eine weitere Entdeckung Truffauts, waren sie als das Paar Antoine und Christine Zentrum einer ganzen Reihe von insgesamt zwanzig Jahren umspannenden Filmen. Ihre Figuren sind naiv und neunmalklug, doch während Christine mit der Zeit reifer wird, bleibt Antoine auch als Erwachsener ein Kind. Ein ewiger Jüngling, zart, bisweilen scheu und immer den Schalk im Nacken. Der Zyklus zeigt ihn als Kind, als Jugendlichen, schließlich als Ehemann und Familienvater. In Filmen wie "Geraubte Küsse" (1968), "Tisch und Bett" (1970) oder "Liebe auf der Flucht"(1979) hangelt er sich von Job zu Job oder verstrickt sich in chaotische Liebesgeschichten. Auf das von ihm fabrizierte Chaos reagiert er nur mit einem lakonischen Lächeln und einem lässigen Schulterzucken. Ab Mitte der 1960er-Jahre beginnt Léaud, sich von Antoine Doinel zu emanzipieren. Seine Figuren - so zum Beispiel in "Masculin, féminin" (1966) oder "I hired a contract killer" (1992) - werden abstrakter, sein schüchternes Wesen bleibt ihm jedoch erhalten. Erst Jahre später wendet er sich gänzlich anderen Rollen zu und dreht letztlich mit fast allen "Größen" des europäischen Kinos. Im Jahr 2000 erhielt er einen Ehren-César und 2016 wurde ihm die Goldene Palme der Internationalen Filmfestspiele von Cannes als Ehrenpreis für sein Lebenswerk verliehen. FilmprogrammSonntag, 4. März, 15 Uhr LES QUATRE CENTS COUPS SIE KÜSSTEN UND SIE SCHLUGEN IHN (Antoine-Doinel-Zyklus)F 1959 · 99 min · OmU · 35mm · FSK 12 · Regie/Drehbuch: François Truffaut · Kamera: Henri Decaë · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Albert Rémy, Claire Maurier u.a. Antoine lebt im Paris der 1950er-Jahre mit seiner Mutter und seinem Stiefvater in einer kleinen Wohnung. Während die Mutter - verbittert über ein Kind, das sie eigentlich nie wollte - abwechselnd liebevoll und grausam ist, pflegt der Stiefvater einen humorvollen Umgang. Aber eines Tages schlägt auch er Antoine brutal. Trost findet Antoine lediglich in seiner Freundschaft mit René. Dennoch gibt es Momente großer Freude, meist verbunden mit kulturellen Dingen, beispielweise dem Schreiben oder dem Kino. Sonntag, 4. März, im Anschluss:ANTOINE ET COLETTE · ANTOINE UND COLETTE (Antoine-Doinel-Zyklus)F 1962 · 29 min · OmU · digital1080p · FSK 0 · Regie/Drehbuch: François Truffaut · Kamera: Raymond Cauchetier · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Marie-France Pisier, Patrick Auffay u.a. Antoine Doinel - inzwischen 17 Jahre alt - arbeitet bei Philipps in der Schallplattenfertigung. Nach Feierabend hört er klassische Musik in seiner kleinen Wohnung an der Place Clichy oder trifft sich mit René, seinem Schulfreund aus LES QUATRE CENTS COUPS. Im Mittelpunkt steht aber die faszinierende Colette, die er mit "Doinel'schem" Charme am Esstisch ihrer Eltern für sich zu gewinnen versucht. Sonntag, 4. März, 17.30 Uhr LA MORT DE LOUIS XIV · DER TOD VON LUDWIG XIVF·P·E 2016 · 115 min · OmU · digitalDCP · FSK 12 · Regie: Albert Serra · Drehbuch: Albert Serra, Thierry Lounas · Kamera: Julien Hogert, Artur Tort · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Patrick d'Assumçao, Marc Susini, Irène Silvagni u.a. Der Sonnenkönig Ludwig XIV. verspürt im August 1715 nach einem Spaziergang plötzlich Schmerzen im Bein. Die nächsten Tage verbringt er in seiner Kammer, führt die Regierungsgeschäfte bestmöglich weiter und gleitet allmählich seinem Tod entgegen. Ein Historienfilm als Kammerspiel, Opulenz auf engstem Raum, der Totentanz eines Bettlägerigen - während um den Totkranken herum schon ebenso eifrig wie eifersüchtig an der Zukunft ohne ihn gebastelt wird. Freitag, 9. März, 19 Uhr | Sonntag, 18. März, 17.30 UhrLE DÉPART · DER START B 1967 · 93 min · DF · 35mm · FSK 16 · Regie: Jerzy Skolimowski · Drehbuch: Andrzej Kostenko, Jerzy Skolimowski · Kamera: Willy Kurant · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Catherine-Isabelle Duport, Jacqueline Bir u.a. Der Brüsseler Friseurlehrling Marc träumt von seinem ersten Autorennen und trainiert heimlich mit dem Porsche 911 S seines Chefs. Immer unter Hochspannung, kann er an nichts anderes als an schnelle Autos denken, bis er am Vorabend des Rennens einer neuen Liebe begegnet. Freitag, 9. März, 21 UhrULTIMO TANGO A PARIGI · DER LETZTE TANGO IN PARISF·I 1972 · 129 min · OmU · 35mm · FSK 16 · Regie: Bernardo Bertolucci · Drehbuch: Bernardo Bertolucci, Franco Arcalli, Agnès Varda, Jean-Louis Trintignant · Kamera: Vittorio Storaro · Darsteller: Marlon Brando, Maria Schneider, Maria Michi, Catherine Breillat, Jean-Pierre Léaud u.a. Nach dem Selbstmord seiner Frau sucht der 45-jährige Amerikaner Paul Ablenkung bei der 25-jährigen Französin Jeanne. Die Treffen in einer Pariser Wohnung bestehen aus Sex und Gesprächen, ohne Informationen aus ihrer beider Leben preiszugeben. Jean-Pierre Léaud spielt Tom, den jungen Verlobten von Jeanne, einen Cineasten, der mit seiner Kamera ständig und überall versucht, "Cinema verité"-Bilder einzufangen. Sonntag, 11. März, 15 UhrBAISERS VOLÉS · GERAUBTE KÜSSE (Antoine-Doinel-Zyklus)F 1968 · 90 min · DF · 35mm · FSK 12 Regie: François Truffaut · Drehbuch: François Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon · Kamera: Denys Clerval · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, Delphine Seyrig u.a. Antoine - mittlerweile ein junger Mann - wird unehrenhaft aus der Armee entlassen und schlägt sich mit verschiedenen Jobs durch, die er allesamt nicht sonderlich ernst zu nehmen scheint. Sein Gefühlsleben ist ebenso planlos. Sonntag, 11. März, 17.30 UhrI HIRED A CONTRACT KILLER · VERTRAG MIT MEINEM KILLER FIN·GB·D·SWE·F · 79 min · OmU · digitalDCP · FSK 12 · Regie/Drehbuch: Aki Kaurismäki · Kamera: Timo Salminen · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Margi Clarke, Kenneth Colley u.a. In Anlehnung an den "Film Noir" und mit bestechender Farbdramaturgie erzählt Kaurismäki die Geschichte von Henri Boulanger, der in einer ausweglosen Lage einen Killer auf seine eigene Person ansetzt. Direkt am ersten Abend des Auftrags verliebt er sich in eine junge Frau und hat fortan seine liebe Not, dem selbst einbestellten Mörder zu entkommen. Sonntag, 18. März, 15 UhrDOMICIL CONJUGAL · TISCH UND BETT (Antoine-Doinel-Zyklus)F 1970 · 100 min · OmU · digital1080p · FSK 6 · Regie: François Truffaut · Drehbuch: François Truffaut, Claude de Givray, Bernard Revon · Kamera: Néstor Almendros · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, Hiroko Berghauer u.a. Nach dem Heiratsantrag erlebt Antoine Doinel Freud und Leid einer Ehe: finanzielle Probleme, Freude über die Geburt des Kindes, Seitensprünge, Trennung und Versöhnung. Die wechselnden Jobs von Antoine spiegeln seinen Charakter: Er betätigt sich als Blumenverkäufer, der Nelken im Hinterhof lackiert oder als "Kapitän", der Spielzeugboote in einem Miniaturhafen manövrieren muss. Er ist nun erwachsen, aber eigentlich ein Kind geblieben - ohne konkretes Lebensziel und geleitet von seinen Launen. Freitag, 23. März, 19 Uhr | Donnerstag, 29. März, 19 UhrLA NUIT AMERICAINE DIE AMERIKANISCHE NACHTF·I 1973 · 115 min · OmU · digitalDCP · FSK 12 · Regie: François Truffaut · Drehbuch: François Truffaut, Jean-Louis Richard, Suzanne Schiffman · Kamera: Pierre-William Glenn · Darsteller: Jacqueline Bisset, Valentina Cortese, Alexandra Stewart, Jean-Pierre Léaud, François Truffaut u.a. François Truffauts breitet seine Liebeserklärung an das Kino und die Hommage an das Filmemachen vor der Kulisse des klassischen Studio-Kinos aus, fernab von Experimenten der "Nouvelle Vague". Im Mittelpunkt der Handlung steht der kollektive, mitunter familiäre und äußerst liebevolle Prozess der Filmentstehung. Freitag, 23. März, 21.15 Uhr | Donnerstag, 29. März, 21.15 UhrLE PORNOGRAPHE · DER PORNOGRAPHF·CAN 2001 · 108 min · OmU · 35mm · FSK 16 · Regie/Drehbuch: Bertrand Bonello · Kamera: Josée Deshaies · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Jérémie Renier, Dominique Blanc u.a. Ein die Jahre gekommener Porno-Regisseur kehrt nach 25 Jahren aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ins Geschäft zurück. Durch die Rückkehr ins "Milieu" kommt es zu Auseinandersetzungen mit seinem erwachsenen Sohn, in denen Positionen geklärt, Werte diskutiert und Standorte (neu) bestimmt werden. Bei den Internationalen Filmfestspielen in Cannes gewannen Regisseur Bertrand Bonello und Hauptdarsteller Jean-Pierre Léaud im Jahr 2001 den FIPRESCI-Preis. Sonntag, 25. März, 15 UhrL'AMOUR EN FUITE · LIEBE AUF DER FLUCHT (Antoine-Doinel-Zyklus)F 1979 · 94 min · DF · 35mm · FSK 12 · Regie: François Truffaut · Drehbuch: François Truffaut, Marie-France Pisier, Jean Aurel, Suzanne Schiffman · Kamera: Néstor Almendros · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Claude Jade, Marie-France Pisier u.a. Antoine Doinel ist Autor geworden und hat eine Autobiografie mit dem Titel Les Salades de l'amour (Der Liebessalat) veröffentlicht. Insgesamt hat Antoine jedoch wenig aus seiner Vergangenheit gelernt: Die Verantwortung als Vater, das Scheidungstrauma, die harte Realität des Alltags scheinen ihm nichts weiter auszumachen. Seine offensichtlichen Mängel schützen ihn vor einer Welt, die es zu ernst mit ihm meint und bestimmen zugleich seinen Charme. Freitag, 30. März, 19 UhrLA VIE DE BOHÈME · DAS LEBEN DER BOHÈMEF·D·SWE·FIN 1992 · 103 min · OmU · digitalDCP · FSK 6 · Regie: Aki Kaurismäki · Drehbuch: Aki Kaurismäki nach einer Vorlage von Henri Murger · Kamera: Timo Salminen · Darsteller: Matti Pellonpää Evelyne Didi, André Wilms, Kari Väänänen, Jean-Pierre Léaud u.a. Drei Möchtegernkünstler kämpfen im Paris des 20. Jahrhunderts mit Pfiff, Einfallsreichtum und Stil gegen Hunger, Kälte und Einsamkeit: Inspiriert von Henri Murgers Roman Scènes de la vie de bohème (1851), erzählt diese melancholische Komödie vom Leben des Schriftstellers Marcel, des albanischen Malers Rodolfo und des irischen Komponisten Schaunard. Und von ihren Beziehungen zu Mimi und Musette, zwei Schönheiten vom Land, die sich in der Großstadt verlieren. Freitag, 30. März, 21 UhrMASCULIN FÉMININ · MASCULIN - FEMININ ODER: DIE KINDER VON MARX UND COCA-COLAF·SWE 1966 · 110 min · OmU · 35mm · FSK 18 · Regie: Jean-Luc Godard · Drehbuch: Jean-Luc Godard nach einer Vorlage von Guy de Maupassant · Kamera: Willy Kurant · Darsteller: Jean-Pierre Léaud, Chantal Goya, Marlène Jobert u.a. Im Stil eines Interviewfilms beleuchtet Jean-Luc Godard die Probleme der Generation der 20-Jährigen. Im Mittelpunkt steht Jean-Pierre Léaud als Paul, der sich orientierungslos zwischen Liebeswirrungen und unsicherer Lebensplanung durch Paris bewegt. Godard setzt in seiner Inszenierung auf eine soziologische Untersuchung, die bisweilen abstrakt, kalt und misanthropisch anmutet. Möchtegern-Revolutionäre, die ihre leeren Ideale gegen eine kranke Konsumgesellschaft verteidigen. Intime Beziehungen erscheinen flüchtig, der Rückzug ins Private folglich unvermeidbar. Freitag, 30. März, im Anschluss:ANTICIPATION, OU: L'AMOUR EN L'AN 2OOO EIN WOCHENENDE AUF DER ERDEF 1966 · 20 min · DF · 35mm · FSK 18 · Regie/Drehbuch: Jean-Luc Godard · Kamera: Pierre Lhomme, Darsteller: Anna Karina, Jacques Charrier, Marcel Dalio, Jean-Pierre Léaud u.a. ANTICIPATION ist ein Nachtrag zu ALPHAVILLE (1965) und verhandelt recht abstrakt das Phänomen der Prostitution, angesiedelt in einer nicht näher definierten Zukunft. Wörter und Gesten der Liebe scheinen verloren gegangen zu sein. Godard beschreibt ihren Rückerwerb in Sequenzen, die ihre künstliche Farbigkeit ändern, um in natürlicher Farbgebung zu enden. Text: Mester, Annika 26.02.2018 Zur Online-Version: https://www.duesseldorf.de/index.php?id=700021293&tx_pld_frontpage%5Bnews%5D=19339