Protestkultur(en) – Von der Arbeiter*innenbewegung zum Klima-Aktivismus
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Das Filmmuseum Düsseldorf widmet sich im Oktober den verschiedenen Phänomenen des Protests der letzten hundert Jahre. Neben einer historischen Perspektive, die Filme als Zeitzeugnisse des politischen Widerstands präsentieren, sollen auch die Möglichkeiten des Mediums Film hinsichtlich der Vermittlung und Kritik von Ideologien untersucht werden. Als vor allem filmgeschichtlich relevantes Selbstzeugnis der Arbeiter*innenbewegung stellt KUHLE WAMPE ODER: WEM GEHÖRT DIE WELT? (1932) nicht nur den ersten thematischen Schwerpunkt der Veranstaltungsreihe, sondern auch einen Wendepunkt im frühen deutschen Film dar. Mit einer Mischung aus Spielfilm, Reportage und Propagandafilm entstand ein neuer Filmtypus: Der erste proletarische Tonfilm. 25 Jahre später thematisiert Jean-Luc Godard in seinem fiktionalen Spielfilm LA CHINOISE (1967) die sozialistischen Utopien der Studierendenbewegung der sog. 1968er. Eine Perspektive aus Sicht der Aktivist*innen bildet TANZ AUF DEM VULKAN (1987) als Selbstzeugnis der Hausbesetzer*innenbewegung der 1980er-Jahre. Die Filmmacher*innen-Gruppe Videotie begleiteten in dieser Amateur-Dokumentation die Besetzung des Heusnerviertels in Bochum und die Räumungsversuche durch Stadt und Polizei. Schlussendlich wird mit VERGISS MEYN NICHT (2023) das Phänomen des Klima-Aktivismus mit einem aktuellen Film der diesjährigen Berlinale aus der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ thematisiert. Die Film- und Veranstaltungsreihe soll durch eine Mischung aus Vorträgen, Dokumentar- und fiktionalen Filmen einerseits Parallelen und historische Entwicklungen aufzeigen und anderseits das Politische im Film thematisieren. Jeder Abend beginnt mit einer historischen Kontextualisierung durch einen Vortrag einer externen Fachreferent*in, auch um Impulse für eine an den Film anschließende Diskussionsrunde zu geben.
Geschichte der Arbeiter*innenbewegung
DO 5.10. 20:00 Uhr
KUHLE WAMPE ODER: WEM GEHÖRT DIE WELT?
D 1932 · 74 min · DF · digitalDCP · FSK 0 · R: Slátan Dudow, · B: Bertolt Brecht, Ernst Ottwalt · K: Günther Krampf· D: Hertha Thiele, Ernst Busch, Martha Wolter u.a.
Berlin in den frühen 1930er-Jahren: Ein junger Mann stürzt sich aus Verzweiflung in den Tod. Seine Familie muss wegen Mietschulden aus Ihrer Wohnung in die Zeltkolonie „Kuhle Wampe“ ziehen. Plötzlich wird die Tochter schwanger. Erst durch die solidarische Selbstorganisation der Arbeiter*innen fasst die Familie wieder Mut. Heute kann der Film einerseits wegen seiner filmhistorischen Relevanz für das Genre des Proletarischen Films betrachtet werden und anderseits als ausdrucksstarkes Selbstzeugnis der Arbeiter*innenbewegung zum Ende der Weimarer Republik gelten.
Einführung: Dr. Wolfgang Jäger, Research Fellow des Instituts für Soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum und ehemaliger Geschäftsführer der Hans-Böckler-Stiftung.
1968er-Studierendenbewegung
SA 7.10. 20:00 Uhr
LA CHINOISE
DIE CHINESIN
F 1967 · 96 min · OmeU · digital1080p · FSK 16 · R: Jean-Luc Godard · B: Jean-Luc Godard · K: Raoul Coutard · D: Anne Wiazemsky, Jean-Pierre Léaud, Michael Semeniako, Lex de Bruijn, Juliet Berto u.a.
Fünf junge Pariser*innen diskutieren in ihrer Kommune über Mao, den Vietnamkrieg und den Marxismus-Leninismus. Schon bald fassen sie den Entschluss, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Godard entwirft in LA CHINOISE ein Generationen-Portrait der französischen Jugend der 1960er-Jahre. Gleichzeitig stellt der Film einen ersten Versuch Godards da, die Möglichkeiten des politischen Engagements und des revolutionären Filmemachens auszuloten. Die tatsächlichen Entwicklungen der Proteste der sog. „68er“ gaben Godard mit seinem Film Recht. Mit Blick auf die Mai-Unruhen 1968 und die späteren Entwicklungen vor allem in Deutschland bis zum Herbst 1977, wirkt Godards Film heute fast prophetisch.
Einführung: Daniel Fairfax, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Koordinator für den International Master in Audiovisual and Cinema Studies am Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt
Hausbesetzer*innenbewegung der 1980er-Jahre
FR 13.10. 20:00 Uhr
TANZ AUF DEM VULKAN
BRD 1987 · 59 min · DF · digitalDCP · FSK 18 · R/K: Gruppe Videotie
Anfang der 1980er-Jahre herrschte in Bochum eine eklatante Wohnungsnot. In wenigen Jahren entwickelte sich die ehemalige Arbeitersiedlung in der Heunserstraße zum Mittelpunkt der deutschen Hausbesetzer*innenszene. Die letzten Monate der Besetzung sowie die Räumung und der Abriss des Heunserviertels wurde von der Filmemacher*innen- und Aktivist*innen-Gruppe Videotie dokumentiert. Die hier gezeigte Fassung des Films geht auf die digitale Restaurierung des VHS-Mastertapes durch das Kollektiv Sonderland aus dem Jahr 2012 zurück.
Einführungsvortrag: Tobias Fetzer (Ruhr-Universität Bochum) Er promoviert seit 2020 zu dem Thema „Wohnraum- und Kulturpolitik von Unten. Die Hausbesetzer*innenbewegung im Ruhrgebiet von 1970 bis 1995.“ Ebenfalls werden Gabi Hinderberger und Angela Geratsch, die Filmmacherinnen der Gruppe Videotie, anwesend sein.
Klima-Aktivismus
SA 21.10. 19:00 Uhr
VERGISS MEYN NICHT
D 2023 · 102 min · DF · digitalDCP · FSK 18 · R: Fabiana Fragale, Kilian Kuhlendahl, Jens Mühlhoff · B: Fabiana Fragale, Kilian Kuhlendahl, Jens Mühlhoff · K: Carina Neubohn, Steffen Meyn · D: Steffen Meyn u. a.
Als im Herbst 2018 die Räumung der Protestcamps im Hambacher Forst begann, wurde der Wald zum Zentrum der klimapolitischen Proteste in Deutschland. Während der Aktionen zum größten Polizeieinsatz in der jüngeren Geschichte NRWs kommt der Journalist und Student Steffen Meyn ums Leben. Zwei Jahre lang dokumentierte Steffen Meyn den Protest gegen die Zerstörung der Natur mit einer 360°-Helmkamera. Der entstandene Dokumentarfilm basiert zu großem Teil auf diesem Filmmaterial, ergänzt durch Interviews mit Aktivist*innen. Der Film ist weniger eine Reportage über den Todesfall Meyn, als ein Porträt einer aktivistischen Gemeinschaft.
Einführung: Johanna Inkermann, Pressesprecherin der Gruppe Lützerath lebt und Multimedia-Journalist Marius Michusch