"Will Tremper – Journalist, Drehbuchautor, Regisseur"
| Kultur
Lange Zeit galt das bundesdeutsche Kino der 1950er- und frühen 1960er-Jahre vornehmlich als Sammelsurium belangloser Filmerei. Reduziert auf Heimat- und Paukerfilme wurde dieser Teil der Filmgeschichte rückblickend als nichtbeachtenswert abgestempelt und nur wenig rezipiert. Spätestens seit der Retrospektive 2016 des Festival del film Locarno erfolgte eine Neubewertung des Kinos der Adenauer-Jahre. Auch neben den großen Meistern wie Helmut Käutner oder Wolfgang Staudte gab es spannende, vielseitige und konfliktfreudige Regisseure, die ihre Stoffe lebhaft und innovativ in Szene setzten.
In diesem Zusammenhang ist Will Tremper eines der lebendigsten Beispiele – auch wenn keine seiner Regie-Arbeiten in der Retrospektive gezeigt wurde. Tremper arbeitete zunächst als Journalist, begann ab 1956 als Drehbuchautor und setzte schließlich zwischen 1961 und 1970 von seinen zehn Drehbüchern fünf selbst um. Losgelöst von konkreten Strömungen oder Stilrichtungen, inszenierte er solitär Filme, die schwer einzuordnen sind. Er war kein Cineast, hatte das Filmhandwerk nicht im Kino selbst gelernt wie die Vertreter der Nouvelle Vague, die kurze Zeit später das Kino grundlegend revolutionierten.
Tremper schöpfte aus seiner Tätigkeit als Reporter und inszenierte nah an der Realität, lieferte unverstellte Filme, die mit Tempo, Vitalität und Witz Tatsachenberichten gleichkamen. Die zeitgenössische Filmkritik war gespalten. Lob kam zudem ebenso von etablierten wie auch von jungen, progressiven Kritikern. "Ein Routinier ohne Routine, ein Handwerker ohne Ausbildung, ein Cinemane ohne Filmkultur" schrieb Enno Patalas und stellte Tremper in der Zeitschrift Filmkritik zugleich in eine Reihe mit Alexander Kluge und Jean-Marie Straub. Als der "Junge Deutsche Film" die Gesetze des Filmemachens ab den 1960er-Jahren neu auslotete, hatte Will Tremper seine Karriere als Regisseur schon fast wieder beendet und betätigte sich wieder wirksam als Journalist und Autor. Das Filmmuseum zeigt sämtliche Regie-Arbeiten von Will Tremper sowie Georg Tresslers Film "DIE HALBSTARKEN", für den Will Tremper das Drehbuch verfasste.
Freitag, 8. März, 19 Uhr | Sonntag, 24. März, 15 Uhr
FLUCHT NACH BERLIN
BRD 1961 · 103 Minuten · DF · digitalDCP · FSK 12· Regie/Drehbuch: Will Tremper · Kamera: Günter Haase, Gerd von Bonin · Darsteller: Christian Doermer, Susanne Korda, Narziss Sokatscheff u.a.
Will Trempers Erstling ist in vielerlei Hinsicht ein Ausnahmewerk. Das zur damaligen Zeit im Kino selten behandelte Thema "Zonenflucht" wurde – wenn überhaupt – nicht action-, sondern wortreich inszeniert. Tremper hingegen arbeitet bildwirksam und setzt die deutsche Teilung aufregend in Szene. Die mit wenig Geld und viel Enthusiasmus inszenierten Situationen und Einzelschicksale aus DDR-Perspektive bilden somit mehr als nur ein interessantes Zeitdokument. Auch wenn Will Tremper in der aktuellen Fachliteratur oftmals übersehen wird, ist FLUCHT NACH BERLIN mit seiner künstlerischen Haltung, seiner Herangehens- und Produktionsweise eines der ersten relevanten Werke des "Jungen Deutschen Films".
Freitag, 8. März, 21 Uhr | Sonntag, 31. März, 15 Uhr
DIE ENDLOSE NACHT
BRD 1963 · 85 Minuten · DF · digitalDCP · FSK 16 · Regie/Drehbuch: Will Tremper · Kamera: Hans Jura · Darsteller: Hannelore Elsner, Harald Leipnitz, Karin Hübner, Louise Martini u.a.
Schauplatz der Handlung ist der Berliner Flughafen Tempelhof. Dichter Nebel verhindert Abflug und Ankunft der Maschinen. So fallen auch alle Abendflüge nach Westdeutschland aus, und für eine Handvoll Menschen beginnt eine schier endlose Nacht. In den langen Stunden des Wartens werden hinter alltäglichen Gesichtern deren Schicksale sichtbar. Da sind Betrug und Ehebruch genauso wie verlorene Illusionen und zerstörte Karrieren. In den wenigen geschenkten oder illegalen Stunden werden Menschen aus ihren scheinbar geordneten Bahnen geworfen. Als der Tag anbricht, holt sie ihr Leben wieder ein – oder es hat sich grundlegend verändert.
Sonntag, 10. März, 15 Uhr
DIE HALBSTARKEN
BRD 1956 · 92 Minuten · DF · digitalDCP · FSK 12 · Regie: Georg Tressler · Drehbuch: Will Tremper, Georg Tressler · Kamera: Heinz Pehlke · Darsteller: Horst Buchholz, Karin Baal, Christian Doermer u.a.
Horst Buchholz als "deutscher James Dean" Freddy, der als heranwachsender Rüpel im Berlin der 1950er-Jahre zwischen Jeans, Petticoat, Zigarettenrauch und Rock’n’Roll auf die schiefe Bahn gerät. An seiner Seite: Karin Baal als Sissy. Sie ist eine kühle Frau, souverän und berechnend – und für Freddy leider zu klug. Dennoch: Alles was Freddy tut, tut er für Sissy. DIE HALB-STARKEN avanciert zum sogenannten Kultfilm: Jugendliche randalieren nach Kinovorstellungen und belästigen Gäste. Horst Buchholz wird zum Teenager-Idol der Wirtschaftswunderzeit, und der immense Erfolg des Films führt zu einer Reihe weiterer "Halbstarkenfilme". Das Drehbuch stammt vom damaligen Starreporter Will Tremper nach seiner eigenen Erzählung. Regisseur Georg Tressler orientiert sich bei dessen Umsetzung am italienischen Neorealismus, verzichtet gänzlich auf Studio-Aufnahmen und inszeniert an authentischen Schauplätzen mit Laiendarstellern in der Öffentlichkeit. Seinen Erfolg verdankt der Film folglich seiner unterhaltenden Intensität, aber auch seiner ausgezeichneten Kameraarbeit.
Sonntag, 10. März, 17 Uhr
SPERRBEZIRK
BRD 1966 · 94 Minuten · DF · 35mm · FSK 18 · Regie: Will Tremper · Drehbuch: Will Tremper nach einer Vorlage von Ernst Neubach · Kamera: Hans Jura D: Rudolf Schündler, Ruth Maria Kubitschek, Ingeborg Schöner, Harald Leipnitz u.a.
Will Trempers Auftragsarbeit erzählt die Geschichte eines Zuhälters, der in massive Konflikte mit seiner Bande gerät, als er sich in eines seiner Opfer verliebt und dadurch "geläutert" wird. Herausgekommen ist eine Kolportagegeschichte, die trotz massiver Eingriffe des Produzenten (der Film wurde umgeschnitten und neu abgemischt) ihren Witz nicht verloren hat. Dabei oszilliert er zwischen (teilweise unmöglichen) Kalauern, Parodie, Selbstironie und purem Vergnügen am Kino!
Freitag, 15. März, 20 Uhr
PLAYGIRL
BRD 1966 · 91 Minuten · DF · 35mm · FSK 18 · Regie/Drehbuch: Will Tremper · Kamera: Benno Bellenbaum, Wolfgang Lührse · Darsteller: Eva Renzi, Harald Leipnitz, Paul Hubschmid u.a.
Alexandra Borowski, Mitte Zwanzig und hochbezahltes Fotomodell der Spitzenklasse, ist eines jener Jet-Set-Mädchen die – nur in sich selbst verliebt – heute in New York, morgen auf den Bermudas und übermorgen in Rom sind. Sie bleibt nie lange in einer Stadt und nie lange bei einem Mann. "Freunde fliegen mir zu wie einem Straßenköter die Flöhe", sagt sie scherzhaft, und "es gibt keine unglückliche Liebe, es gibt nur die falsche Liebe". Alexandra ist kaum in Berlin angekommen, da bemühen sich bereits zahlreiche Männer um ihre Gunst: unter anderen ein zwielichtiger jugoslawischer Lokalbesitzer, ein junger Industrieller und ein italienischer Modefotograf. Abendeinladungen, Theaterbesuche, Bummel durch Nachtlokale und Partys lösen einander ab. In Bert Laner, dem Mitarbeiter des Industriellen Steigenwald, begegnet Alexandra jedoch schließlich einem Menschen, bei dem sie vielleicht bleiben wird.
Samstag, 16. März, 21 Uhr
MIR HAT ES IMMER SPASS GEMACHT
BRD 1970 · 85 Minuten · DF · 35mm · FSK 18 · Regie: Will Tremper B: Will Tremper nach einer Vorlage von Lynn Keefe · Kamera: Richard C. Glouner, Karl Löb · Darsteller: Barbara Benton, Clyde Ventura, Hampton Fancher, Klaus Kinski u.a.
Die Geschichte eines naiven Mädchens, das – eigentlich auf der Suche nach einem Ehemann – zur Jet-Set-Prostituierten avanciert. Was plump und als belangloser Ritt auf der damaligen Sex-Welle anmutet, ist hintergründig auch eine Zivilisationssatire gegen den "American Way of Life", der nach Tremper in biederen US-amerikanischen Muttis seine Entsprechung findet, die ihre Töchter mit projizierten Ambitionen direkt ins Unglück treiben. Trempers Hauptdarstellerin – beeindruckend gespielt von Playboy-Bunny Barbara Benton – geht hingegen eigene Wege, wenn auch im Gewand einer launischen Sexklamotte.