Rheinische Adalbert-Stifter-Gemeinschaft

Die Rheinische Adalbert-Stifter-Gemeinschaft wurde 1949 gegründet, sie machte es sich zur Aufgabe, die Werke Stifters zu wahren und deren Leserschaft zu fördern. Außerdem beschäftigte sie sich intensiv mit der Forschung rund um Adalbert Stifter. Die Bibliothek, die seit ihrer Entstehung angelegt wurde, enthielt nicht nur seltene Ausgaben, Aufsätze zu und über Stifter. Die Gemeinschaft publizierte selbst auch ein Nachrichtenblatt, das als Informationsorgan und inhaltliches Forum für die Stifter-Angelegenheiten diente.

Der Initiator der Rheinischen Adalbert-Stifter-Gemeinschaft, Josef van Heukelum, war seit 1939 Mitglied in der Adalbert-Stifter-Gesellschaft Wien gewesen.  Doch der Kriegsausbruch machte es zunehmend schwieriger, den Kontakt zwischen den Mitgliedern aus Österreich und Deutschland aufrecht zu erhalten, bis die deutschen Mitglieder letztendlich komplett von der Wiener Gesellschaft abgetrennt wurden. Zeugnis dessen ist der Abbruch der Korrespondenz zwischen Dr. Gustav Wilhelm, dem damaligen Leiter der Adalbert-Stifter-Gesellschaft Wien, und Josef van Heukelum, diese Briefe gehören übrigens zu den frühesten Unterlagen im Bestand der Rheinischen Stifter-Gemeinschaft. Nach dem Krieg nahm van Heukelum diese Korrespondenz mit Frida Wilhelm, der Frau des zwischenzeitlich verstorbenen Dr. Gustav Wilhelm, wieder auf.

Nachdem Josef van Heukelum aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, beschloss er eine eigene Stifter-Gesellschaft zu gründen. Die „Adalbert-Stifter-Gemeinschaft Leichlingen/Rhld“ wie sie sich zunächst nannte, bestand zuerst nur aus 12 Gründungsmitgliedern, die gemeinsam mit van Heulekum am 27. März 1949 die Satzung unterzeichneten, darunter auch der Schriftsteller und Buchhändler Curt Corrinth. Der erste Sitz der Gemeinschaft befand sich in Leichlingen, wo am 9. Juni 1949 die erste Vollversammlung abgehalten wurde. Kurz darauf, im folgenden Jahr, wurde dann zum Anlass des 82. Todestages Adalbert Stifters die erste öffentliche Veranstaltung am 28. Januar 1950 abgehalten. Diese hatte den Titel „Adalbert Stifter als Maler“. Zu diesem Zeitpunkt schloss sich die Adalbert-Stifter-Gemeinschaft auch dem Kulturring der Stadt Leichlingen an, in dem sie seit 1951 ein Sitz- und Stimmrecht besaß. 1962 verlegte die Adalbert-Stifter-Gemeinschaft ihren Sitz von Leichlingen nach Opladen. 1981 wurde die literarische Vereinigung in „Rheinische Adalbert-Stifter-Gemeinschaft, 1949 in Leichlingen/Rhld. gegründet“ umbenannt. 2013 wurde die Gemeinschaft aufgelöst und aus dem Vereinsregister gelöscht.

Die Rheinische Adalbert-Stifter-Gemeinschaft ist ein ungewöhnliches Beispiel privat-bürgerlichen Literatur-Engagements im Rheinland. Der Bestand ermöglicht den Einblick in eine ehrenamtliche Initiative zur Pflege und Aktualisierung des Stifter’schen Werkes und vermittelt so ein repräsentatives Bild einer gesellig-ehrenamtlichen Freizeitaktivität unter dem Vorzeichen eines gemeinsamen literarischen Faibles.

 

Nachlasstyp: echter Nachlass

Ordnung: verzeichnet (Ablieferungsliste)

Umfang: 30 Archivkartons

Nutzung: frei

 

Inhalt:

Der Nachlass enthält neben allgemeinen Materialien zu Vereinsaktivitäten, gemeinsamen Exkursionen, Studienreisen etc., vor allem Briefe. Der Großteil dieser Korrespondenzen beschäftigt sich mit den Werken Adalbert Stifters. Es sind nur sehr wenige rein persönliche Briefe vorhanden. Des Weiteren sind auf fast allen Briefen handschriftliche Notizen von Josef van Heukelum zu finden. Entweder hat er das Bearbeitungs- oder Eingangsdatum auf dem Brief vermerkt, ihn mit seinem Namenskürzel „JvH“ abgezeichnet oder es ist der Hinweis „erl.“ zu finden. Vielen Briefen konnte ein passender Briefumschlag zugeordnet werden. Einige Briefe enthalten den Hinweis „NaRhei“, was bedeutet, dass sich der Inhalt des Briefes auf das Nachrichtenblatt der Gemeinschaft bezieht.

Die Stifterforschung ist in allen Briefen ein Thema. Entweder geht es um inhaltliche Fragestellungen oder um Veranstaltungen der Gemeinschaft bzw. anderer literarischer Gesellschaften. Des Weiteren wurden Buchrezensionen verfasst, was sich in einer umfangreichen Korrespondenz mit Verlagen niederschlug. Außerdem hat Josef van Heukelum immer wieder Hilfe bei Studentenarbeiten geleistet in Form von Literaturhinweisen oder Fernleihen von Werken aus dem Bestand der Gemeinschaftsbibliothek. Im Kontext der intensiven Forschungsarbeit wurden auch Kontakte zu Autoren wie Max Stefl, Jakob Kneip, Waldemar von Grumbkow oder  Karl Heinrich Waggerl geknüpft, die teilweise auch zum Nachrichtenblatt der Stifter-Gemeinschaft beitrugen.

Zusätzlich zur literaturwissenschaftlichen Beschäftigung mit den Inhalten Stifters enthält der Nachlass auch Transkriptionsarbeiten. Eine Korrespondenz mit Helmut Bergner behandelt eine von ihm angefertigte Transkription des Textes „Reisebericht von Schulrath Stifter“. Die Transkription einer Handschrift von Hugo von Hofmansthal wurde von Theodor Rutt angefertigt und von diesem besprochen, dieser Hofmannsthal-Text diente als Nachwort zu Adalbert Stifters „Nachsommer“, wo er als handschriftliches Faksimile gedruckt vorlag.

Josef van Heukelum hatte ein enges Verhältnis zu einigen Mitgliedern des Adalbert-Stifter-Instituts des Landes Oberösterreich. Er selbst wurde 1958 zum korrespondierenden Mitglied ernannt. Nach Möglichkeit nahm er regelmäßig an den Jahrestagungen des Instituts in Linz/Donau teil. Es wurden nicht nur Forschungsergebnisse ausgetauscht, sondern auch gemeinsame Veranstaltungen und Reisen geplant. Auch bestand ein enges freundschaftliches Verhältnis zwischen Josef van Heukelum und dem ehemaligen Vorsitzenden des Institutes, Dr. Aldemar Schiffkorn. Eine enge Korrespondenz wurde ebenso mit dessen Nachfolger, Dr. Johann Lachinger, gepflegt.

Ein besonders umfangreicher Briefwechsel ist der zwischen Dr. Arthur Brande, dem späteren Vorsitzenden der Adalbert-Stifter-Gemeinschaft,  und van Heukelum (1994 bis 2003). Er enthält viele Texte und Manuskripte zur Stifter-Forschung.

Eine ausführliche  Korrespondenz, die viele Manuskripte und Forschungsarbeiten enthält, existierte mit Rupert Pfaff. Dieser war insbesondere im Bezug auf die Veröffentlichungen des Nachrichtenblattes sehr engagiert. Die Briefe beschäftigen sich mit der Recherche um Adalbert Stifter und enthalten oft Zeitungsartikel sowie Kopien von wissenschaftlichen Aufsätzen oder anderen Veröffentlichungen zu Adalbert Stifter. Auch Theodor Rutt und Elisabeth Preiß waren engagierte Mitglieder, die viel zur Forschungsarbeit und zum Inhalt des Nachrichtenblattes beigetrugen.

Auch internationalen Briefwechsel pflegte Josef van Heukelum, unter anderem mit Anton Nikendey in Tschechien sowie mit zwei japanischen Professoren, Prof. Takashi Yoneda und Prof. Dr. Eizaburo Onagi.