Niederschlagswasserbewirtschaftung auf bestehenden Wohngrundstücken

Niederschlagswasserbewirtschaftung auf bestehenden Wohngrundstücken

Der Klimawandel hat unser Wetter unberechenbar gemacht und auch Düsseldorf bleibt von den Auswirkungen nicht verschont. Starkregenereignisse, die in ihrer Intensität spürbar zugenommen haben, stehen langanhaltenden Hitze- und Trockenperioden gegenüber. Diese Extreme erfordern eine ganzheitliche Herangehensweise an die Niederschlagswasserbewirtschaftung, besonders in unseren stark bebauten Innenstadtbereichen.

In Düsseldorf wird hier historisch bedingt das anfallende Niederschlagswasser zusammen mit dem Schmutzwasser größtenteils in Mischwasserkanälen abgeleitet. Doch diese möglichst schnelle Ableitung ist wasserwirtschaftlich und ökologisch nicht mehr zeitgemäß. Sinkende Grundwasserstände durch fehlende Grundwasserneubildung unter versiegelten Flächen und kurzzeitige Überlastung von Kanalisation und Kläranlagen bei Starkregen können die Folge sein. Durch naturverträgliche Alternativen zur zentralen Regenwasserableitung mit Maßnahmen zur Versickerung, Speicherung oder Verdunstung des Regenwassers auf unseren Grundstücken wird nicht nur der lokale Wasserhaushalt gestärkt, sondern auch das städtische Kleinklima verbessert.

Unter bestimmten Voraussetzungen ermöglicht der Stadtentwässerungsbetrieb Düsseldorf in Abstimmung mit der Unteren Wasserbehörde (Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz) ab dem 01.01.2024 die Vor-Ort-Versickerung von Niederschlagswasser auf privaten Grundstücken im Bereich der Mischwasserkanalisation oder die Ableitung in ein ortsnahes Gewässer. Wenn in diesen Bereichen nicht behandlungsbedürftiges Niederschlagswasser anfällt, können Grundstücksbesitzende mit Hilfe der Potenzialkarte überprüfen, ob ihr Grundstück über die Voraussetzungen verfügt, von der Niederschlagswasserüberlassungspflicht befreit zu werden. In den Stadtbereichen, in denen Schmutz- und Niederschlagswasser in getrennten Kanälen (Trennkanalisation) abgeleitet wird, bleibt die Anschluss- und Benutzungspflicht weiterhin bestehen.

Die Potenzialkarte wurde auf Basis der bestehenden Flurstücksflächen erstellt. Sie stellt eine erste grobe Einschätzung dar, ob eine Versickerung von Niederschlagswasser grundsätzlich/potenziell möglich ist. Anhand dieser Karte wird ersichtlich, welches Grundstück potentiell das Niederschlagswasser in einer privat betriebenen Anlage vor Ort verbringen (verdunsten, versickern) kann:



Hierbei sind unter anderem die Kriterien herangezogen worden, die einer Versickerung des anfallenden Niederschlagswassers widersprechen, um im Umkehrschluss die Flächen zu erhalten, die ein Versickerungspotenzial aufweisen.

Zur Ermittlung der Lage der Versickerungsflächen wurden folgende Kriterien herangezogen:

  • Wasserschutzzone I und II
  • Minimaler Grundwasserflurabstand bis zu 1 m
  • Im Bereich von Landschaftsschutz- und Naturschutzgebieten
  • Im Bereich der festgesetzten Überschwemmungsgebieten HW100
  • Im Bereich von bis zu 2 m an der Flurstücksgrenze
  • Im Bereich von bis zu 6 m von der Gebäudekante

Eine genauere Erläuterung für Gründe, die gegen eine Versickerungsfläche sprechen, ist im Glossar/FAQs zu finden:

Können auf dem Grundstück beispielsweise Abstände zu anderen Flurstücken und Gebäudekanten nicht eingehalten werden, ist zum jetzigen Zeitpunkt unter den vorliegenden Gegebenheiten die Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis mit den vorliegenden Rahmenbedingungen nicht möglich und das Grundstück in der Potenzialkarte entsprechend pink markiert.

Erscheint das Grundstück als potenziell geeignet, kann die Versickerung des anfallenden Niederschlagswassers der vorhandenen bebauten und befestigten Flächen beantragt werden: Es genügt ein formloser Antrag, bei dem neben der Angabe des Grundstücks die abzukoppelnde Fläche angegeben werden muss. Für die Befreiung von der Niederschlagswasserüberlassungspflicht ist neben dem Antrag ein Lageplan erforderlich, auf dem die Flächen dargestellt werden.

Zur Erlangung der wasserrechtlichen Erlaubnis sind die Vorgaben der Unteren Wasserbehörde zu beachten:

https://www.duesseldorf.de/umweltamt/umwelt-und-verbraucherthemen-von-a-z/bauen/versickerung-niederschlagswasser

Aufgrund starker Niederschläge im Winterhalbjahr 2023/2024 sind die Grundwasserstände an einigen Stellen ungewöhnlich hoch. Das Versickerungspotenzial ist in diesen Bereichen nicht mehr vorhanden. In einzelnen Fällen kann daher einer Versickerung gegebenenfalls nicht zugestimmt werden, obwohl auf dem Grundstück eine Potenzialfläche ausgewiesen ist. 

FAQs

Wie erfolgt die Entwässerung in Düsseldorf?

Die Entwässerung von Siedlungen erfolgt herkömmlich im Mischverfahren oder im Trennverfahren:

Mischsystem

In der Mischwasserkanalisation werden häusliches und betriebliches Schmutz- und Niederschlagswasser zusammen in einem Kanal gesammelt und zur Kläranlage geleitet.

Trennsystem

In der Trennkanalisation werden häusliches und betriebliches Schmutz- und Niederschlagswasser getrennt gesammelt. Das Schmutzwasser wird in die Kläranlage geleitet und dort behandelt, das Niederschlagswasser wird in der Regel nach Vorbehandlung und Rückhaltung in ein Gewässer eingeleitet.

 

Wieso darf ich im Trennsystem nicht versickern, sondern muss weiter angeschlossen bleiben?

Grundsätzlich soll der lokale Wasserhaushalt unter Berücksichtigung des Wasserhaushaltgesetzes gestärkt werden. Dies bedeutet, dass „Niederschlagswasser ortsnah versickert, verrieselt oder direkt über eine Kanalisation ohne Vermischung mit Schmutzwasser in ein Gewässer eingeleitet werden soll, soweit dem weder wasserrechtliche noch sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften noch wasserwirtschaftliche Belange entgegenstehen.“ (Quelle: Wasserhaushaltsgesetz WHG § 55.2)

Grundstücke im Trennsystem folgen bereits diesem Grundsatz und das anfallende Niederschlagswasser wird direkt oder über eine Regenkläranlage (Reinigung und teilweise Rückhaltung) einem Gewässer zugeführt. Daher werden diese Flächen „pink“ dargestellt.

Bei einer Abkopplung liegt im Trennsystem keine Gemeinwohlverträglichkeit vor, da hier unter anderem nachteilige Auswirkungen auf die Gemeinschaft der Gebührenzahlenden und dem Betrieb der öffentlichen Abwasseranlage überwiegen.

 

Welche Kosten lassen sich einsparen, bzw. entstehen durch die Abkoppelung?

Aktuell betragen die Kanalbenutzungsgebühren 1,04 €/m2 und Jahr. Für begrünte Dach- und Tiefgaragendachflächen ist seit dem 01. Januar 2010 der Gebührensatz für die Abeitung von Niederschlagswasser auf die Hälfte des regulären Satzes ermäßigt und demzufolge bei Gründächern 0,52 m2 und Jahr.

Durch eine Abkopplung entfallen die Kanalbenutzungsgebühren. Es entstehen jedoch Kosten, die zur Erlangung der wasserrechtlichen Genehmigung zur Versickerung oder Einleitung in ein Gewässer anfallen und zu berücksichtigen sind, zum Beispiel:

  • Planungskosten
  • Bodengutachten
  • Herstellungskosten der Versickerungsanlage
  • Kosten der Erteilung der wasserrechtlichen Genehmigung
  • Wartungskosten der Anlage im Betrieb
  • Eventuelle Außerbetriebnahme von vorhandenen Abwasserleitungen

 

Gibt es Förderungen zur Abkoppelung?

Indirekt ja, es gibt Fördertöpfe zur Dachbegrünung und Entsiegelung (Innenhofbegrünung) beim Umweltamt: https://www.duesseldorf.de/umweltamt/umwelt-und-verbraucherthemen-von-a-z/weitere-themen/dachbegruenung

Glossar

Abkopplung

Wenn das Niederschlagswasser der befestigten Flächen, von denen Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage eingeleitet wird, zukünftig auf dem Grundstück verbleibt, wird dieses Abkopplung genannt.

 

Behandlungsbedürftiges Niederschlagswasser

Niederschlagswasser, welches auf schwach und stark belasteten Flächen anfällt, muss vor der Einleitung in die Abwasseranlage behandelt werden und kann nur im Ausnahmefall versickert werden.

 

Wasserschutzzone

Wasserschutzzone I

Der Fassungsbereich, Zone I, dient dem Schutz der unmittelbaren Umgebung der Wassergewinnungsanlage vor jeglicher Verunreinigung. Aus diesem Grund ist hier ist keine Versickerung erlaubt. Die Zone I ist, außer bei Talsperren, i.d.R. sehr klein und nur dem Betreiber der Wassergewinnungsanlage zugänglich. Außer der Aufrechterhaltung der Gewinnung ist praktisch jede Nutzung verboten. Bei Trinkwassertalsperren umfasst die Zone I meistens den gesamten Wasserkörper mit einem Uferrandstreifen.

 

Wasserschutzzone II

Die engere Schutzzone, Zone II, soll den Schutz vor Verunreinigungen durch pathogene Mikroorganismen sowie sonstige Beeinträchtigungen gewährleisten, die bei geringer Fließdauer und -strecke zur Gewinnungsanlage sein können. Bei Grundwasserschutzgebieten entspricht die Grenze der Zone II der so genannten 50-Tage-Linie. Von dieser Linie benötigt das Grundwasser 50 Tage bis zum Eintreffen in der Fassungsanlage. Diese Mindestverweildauer gewährleistet, dass pathogene Keime weitgehend eliminiert werden. Bei Talsperren wird die Zone II entlang der oberirdischen Zuflüsse ausgewiesen. Auch in diesen Bereichen ist die Versickerung verboten.

 

Wasserschutzzone III

Die weitere Schutzzone, Zone III, soll den Schutz vor weitreichenden Beeinträchtigungen besonders durch nicht oder nur schwer abbaubare chemische oder radioaktive Verunreinigungen gewährleisten. So sind z.B. Anlagen zum Lagern von Autowracks und Schrott i.d.R. verboten. Ebenso gelten differenzierte Vorschriften für unbehandeltes oder behandeltes Niederschlagswasser. Die Zone III umfasst nach Möglichkeit das gesamte Wassereinzugsgebiet. Sehr große Schutzzonen können in die Teilzonen III A und III B unterteilt werden. Eine Versickerung von unbelastetem Niederschlagswasser ist in Wasserschutzzone III A und B möglich.

 

Grundwasserflurabstand

Der minimale Flurabstand gibt die Differenz zwischen dem höchsten seit 1945 gemessenen Grundwasserstand und der Geländeoberkante an. Flächen, auf denen der minimale Abstand von gewachsenem Boden zum Grundwasser kleiner als 1m beträgt, wurden für eine Versickerung ausgeschlossen und werden in der Karte pink dargestellt. In den grünen Flächen ist gemäß den bestehenden Daten der minimale Flurabstand größer als 1 m die von der Fachliteratur empfohlene Grenze, und somit unter Beachtung weiterer Kriterien aktuell Versickerungspotenzial vorhanden.

 

Landschaftsschutzgebiet

Landschaftsschutzgebiete (LSG) sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen nach § 26 Abs. 1 BNatSchG "ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter, 2. wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder 3. wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung erforderlich ist.“

(Quelle: https://open.nrw/dataset/ef9d0151-7746-44d6-9930-36482ea550cd)

Da alle Vorhaben, Eingriffe und Handlungen, die einem besonderen Schutzzweck entgegenstehen oder auch die charakterlichen Züge des Landschaftsschutzgebietes verändern oder beeinträchtigen, verboten sind, sind die Flächen nicht zur Versickerung geeignet.

 

Naturschutzgebiet

Gemäß § 23 Abs. 1 BNatSchG sind Naturschutzgebiete (NSG) "rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft in ihrer Ganzheit oder in einzelnen Teilen 1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung von Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wild lebender Tier- und Pflanzenarten, 2. aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder 3. wegen ihrer Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit erforderlich ist.

(Quelle: https://open.nrw/dataset/ccbfb8e5-541d-438e-9f6c-466f4d4646a2)

Da eine Bebauung in einem Naturschutzgebiet unzulässig ist, sind nicht zur Versickerung geeignet.

 

Überschwemmungsgebiete, festgesetzt

Überschwemmungsgebiete (ÜSG) sind nach § 76 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) Gebiete, die bei Hochwasser eines oberirdischen Gewässers überschwemmt, durchflossen bzw. für die Hochwasserrückhaltung beansprucht werden. Das bezieht insbesondere Gebiete zwischen oberirdischen Gewässern und Deichen oder Hochufern ein.

Bemessungsgrundlage ist nach § 76 Abs. 2 WHG bundeseinheitlich ein Hochwasserereignis, dass statistisch einmal in 100 Jahren (HQ100) zu erwarten ist. Die rechnerisch ermittelten ÜSG an hochwassergefährdeten Gewässern werden als solche durch ordnungsbehördliche Verordnung festgesetzt bzw. vorläufig gesichert.

(Quelle: Überschwemmungsgebiete | flussgebiete.nrw)

In festgesetzten Überschwemmungsgebieten HW100 ist eine Versickerung nicht erlaubnisfähig. Diese Flächen werden in der Karte pink dargestellt.

Mindestabstand zu Grundstücksgrenze

„Der Abstand von Versickerungsanlagen zu Grundstücksgrenzen ist unter Berücksichtigung der Art der Versickerungsanlage und der örtlichen Gegebenheiten, insbesondere der Hydrogeologie und der Topografie, so zu wählen, dass eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks und deren Bebauung auszuschließen ist.“

(Quelle: DWA-A-138).

In den pink eingefärbten Flächen ist der Mindestabstand zur Grundstückgrenze (2 m) nicht eingehalten. In den hell und dunkelgrün dargestellten Flächen ist gemäß den bestehenden Daten der Mindestabstand zur Flurstückgrenze eingehalten.

 

Mindestabstand zu Gebäude

Mindestabstände zu Gebäuden, Baugruben und baulichen Strukturen sind bei der Planung einer Versickerung einzuhalten. Der Mindestabstand zu Gebäuden wurde anhand der empfohlenen Werte aus der Fachliteratur (DWA-A-138) vom SEBD mit 6 m angenommen. Als Grundlage wurden die Gebäudeflächen mit dem Stand vom Jahr 2021 zugrunde gelegt.

In den pink dargestellten Flächen ist der Mindestabstand zu den Gebäuden aktuell nicht eingehalten. In den hell und dunkelgrün dargestellten Flächen ist der Mindestabstand zu den Gebäuden aktuell eingehalten. Die Abstandsbetrachtung bezieht sich auf die Bestandssituation (Stand 2021). Bei Änderungen im Bestand insbesondere auch bei einer Unterkellerung sind neue Auswertungen erforderlich.

 

Kontakt

  • Beratung
    Silvia Wagner-Nargang
    Tel. 0211 89-28632

    E-Mail
  • Beratung
    Marco Vietz
    Tel. 0211 89-26734

    E-Mail