Der Kunstpalast erwirbt über 3.000 Fotografien aus der Bestandssammlung der Galerie Kicken

| Kultur

Edward Weston (1886 – 1958), Shell, 1927 (Abzug 1946 von Cole Weston vom Originalnegativ), Silbergelatineabzug, 24 x 19 cm, Kunstpalast, Düsseldorf, Foto: 1981 Center for Creative Photography, Arizona Board of Regents

Man Ray (1890 – 1976), Les Larmes, 1933 (Abzug 1990 von Pierre Gassmann), Silbergelatineabzug, 20,8 x 28,9, Kunstpalast, Düsseldorf; Foto: Man Ray Trust, Paris; VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Der Rat der Stadt Düsseldorf hat am Donnerstag, 13. Dezember 2018, einstimmig die Erwerbung der Bestandssammlung der Galerie Kicken für die städtische Sammlung des Kunstpalastes beschlossen.

Von den insgesamt 3.039 Fotografien werden 1.823 Fotos angekauft, zusätzlich schenkt Annette Kicken der Landeshauptstadt 1.216 Aufnahmen.

Mit der Erwerbung der Bestandssammlung der Galerie Kicken wird die historisch einmalige Möglichkeit genutzt, einen überaus hochwertigen und umfangreichen Fotografiebestand zu sichern, der Düsseldorfs Status als Stadt der Fotografie entspricht. "Durch den Ankauf wird Düsseldorf schlagartig einer der bedeutenden Standorte für Fotografie in Deutschland und damit seiner Rolle und seinem Anspruch als Fotostadtgerecht", kommentiert Thomas Geisel, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf, die Erwerbung. "Die herausragende Qualität der Aufnahmen, die Vielseitigkeit der mit großer Kennerschaft zusammengetragenen Sammlung sowie der einwandfreie Erhaltungszustand der Fotografien sind einzigartig. Dass Annette Kicken sich großzügigerweise bereit erklärt hat, zusätzlich einen beachtlichen Teil der Arbeiten zu schenken, freut und ehrt uns ausdrücklich."

Die Sammlung bildet die wichtigsten Tendenzen der europäischen Fotokunst des 19.und 20. Jahrhunderts ab und enthält Ikonen der Fotografiegeschichte, darunter Werke von Leopold Ahrendts, Gertrud Arndt, Bernd und Hilla Becher, Sibylle Bergemann, Robert Capa, Hugo Erfurth, Horst P. Horst, Lotte Jacobi, Rudolf Koppitz, HeinrichKühn, André Kertész, Lázsló Moholy-Nagy und Lucia Moholy, Helmut Newton, Man Ray, Albert Renger-Patzsch, Franz Roh, August Sander, Otto Steinert und Edward Weston. Das über 3.000 Werke umfassende Konvolut beinhaltet Originalabzüge ("Vintage Prints"), von den Fotografen selbst angefertigte, autorisierte spätere Abzüge sowie Portfolios und Alben. Sammlungsschwerpunkte sind die Fotografie des 19. Jahrhunderts (540 Werke), der Bereich des Neuen Sehens und der Neuen Sachlichkeit (1001 Werke), die Bauhaus-Fotografie (194 Werke), die Subjektive Fotografie (214 Werke) und die New Topographics-Autorenfotografie (342 Werke). Darüber hinaus umfasst die Sammlung wesentliche Arbeiten aus der Frühzeit der Fotografie, des Piktorialismus sowie der Presse- und Modefotografie. Der Schwerpunkt des Konvoluts liegt auf Arbeiten von Fotografen aus Europa und den USA, welche in dem Entstehungszeitraum der Bilder die führenden Regionen für die Entwicklung des Mediums darstellen.

"Mit dem Erwerb der Bestandssammlung Kicken wird etwas Bleibendes geschaffen, wovon auch zukünftige Generationen profitieren werden", freut sich Hans-GeorgLohe, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Düsseldorf: "Es ist ein großartiges Invest in die Kultur unserer Stadt." Felix Krämer, Generaldirektor Kunstpalast, betont: "Die Fotografie als das bedeutendste Bildmedium des 20. Jahrhunderts ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit von Museen. Diese Erwerbung ermöglicht der städtischen Kunstsammlung, eine wesentliche Lücke in ihren Beständen zu schließen." Krämer führt weiter aus: "Das Konvolut, das sowohl Spitzenwerke als auch umfassende Werkgruppen beinhaltet, integriert sich perfekt in die Gattungen übergreifende Sammlung des Kunstpalastes und wird in Dialog mit dieser treten. Durch diese Erwerbung kann die Vielfalt unserer Bestände, welche die besondere Stärke der Kunstpalast-Sammlung darstellt, signifikant ausgebaut werden."

Zusätzlich zu der Teilschenkung der Sammlung hat sich Annette Kicken bereit erklärt, die Stelle für eine/n wissenschaftliche/n Mitarbeiter/in über die nächsten fünf Jahre zufinanzieren, der/die die Fotosammlung fachlich betreut. Für Anfang 2020 ist eine Ausstellung angedacht, die einen Überblick über die Fotosammlung ermöglicht. Mit der Neueröffnung der Sammlungspräsentation des Kunstpalastes werden die Fotografien in den Rundgang integriert und Seite an Seite mit Malerei, Skulptur, Graphik und Angewandter Kunst gezeigt. "Ich freue mich außerordentlich, insbesondere für meinen verstorbenen Mann, dass mit dem Kunstpalast ein Ort für die Bestandssammlung unserer Galerie gefunden werden konnte, an dem die Fotografie als gleichberechtigtes künstlerisches Medium behandelt wird", erklärt Annette Kicken. "Es war immer unser Anliegen, dass die Künste einer Epoche gemeinsam miteinander präsentiert werden und somit die gegenseitigen Einflüsse veranschaulicht werden können."

In Düsseldorf findet sich eine für Deutschland einmalige Fotografieszene, die seit den späten 1970er Jahren getragen wird von den bedeutendsten deutschen Fotografen: Bernd und Hilla Becher, Katharina Sieverding und Hans-Peter Feldmann sowie die Vertreter der sogenannten Düsseldorfer Schule - die ehemaligen Studierenden des Ehepaars Becher an der Düsseldorfer Akademie, darunter Andreas Gursky und Thomas Ruff. Obwohl es im Kunstpalast einige monographische Ausstellungen gegeben hat, in denen Fotografen wie Candida Höfer und Axel Hütte gewürdigt wurden, hat es parallel dazu keine umfassende Erwerbungsstrategie gegeben, um Fotografie als zentralen Teil der Sammlung aufzubauen. Folglich gibt es bisher weder im Kunstpalast noch in anderen musealen Institutionen der Stadt die Möglichkeit, einen Überblick über die Geschichte der Fotografie und ihre wichtigsten Positionen und Strömungen zu erhalten. Die Bestandssammlung der Galerie Kicken, bei der ein enzyklopädischer Ansatz verfolgt wurde und die für die Vermittlung im Museum ideal wäre, ist in Europa einmalig - sowohl unter qualitativen Aspekten als auch unter Berücksichtigung des Umfangs der Sammlung. Wie einer der beiden Gutachter des Konvolutes, Professor Thomas Weski, bestätigt, ist der eigene Aufbau einer derartigen, musealen Ansprüchen entsprechenden Fotosammlung selbst mit unbegrenzten finanziellen Mitteln heute nicht mehr denkbar. Die Erwerbung bedeutet, dass am Kunstpalast eine fundierte Auseinandersetzung zwischen der historischen Fotografie und der in Düsseldorf besonders präsenten Gegenwartsfotografie ermöglicht wird.

Galerie Kicken
Der 2014 verstorbene Rudolf Kicken zählt zu den Pionieren der Fotogaleristen in Europa. Als der gebürtige Aachener seine Galerie 1974, damals gemeinsam mit Wilhelm Schürmann, gründete, war Fotografie als Kunstgattung noch nicht etabliert. Zunächst in Kickens Heimatstadt und anschließend in Köln angesiedelt, hat sich die Galerie schnell zu einer der führenden Fotogalerien in der internationalen Szene entwickelt. Seit 2000 hat Rudolf Kicken die Galerie gemeinsam mit seiner in Duisburg geborenen Frau Annette in Berlin geleitet. Heute ist die Galerie Kicken die wichtigste Fotogalerie in Europa. Die unzähligen von Annette und Rudolf Kicken organisierten Ausstellungen und Publikationen haben erheblich dazu beigetragen, dass Fotografie neben Malerei, Bildhauerei und Graphischen Arbeiten heute als Kunstform anerkannt wird. Bei der angebotenen Sammlung handelt es sich um den Bestand der Galerie Kicken.

Seit der Gründung der Galerie Kicken 1974 war es Ziel von Annette und Rudolf Kicken, das Medium Fotografie in seiner ganzen Bandbreite im öffentlichen Bewusstsein sichtbar zu machen und zu verankern. Aus diesem nachhaltigen Verantwortungsgefühl für die visuelle Kultur unserer Zeit heraus hat die Galerie jahrzehntelang wichtige OEuvres der Fotografiegeschichte vermittelt und bewahrt. In der fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Kunstpalast schließt sich nun der Kreis. Die Bestandssammlung der Galerie Kicken wird als umfassende Ergänzung der Düsseldorfer städtischen Sammlungen im Rheinland eine bleibende Heimat finden. Annette Kicken unterstreicht: "Düsseldorf als signifikantes Zentrum zeitgenössischer Fotografie ist ein idealer Ort für die Bestandssammlung unserer Galerie. Künftig werden unsere Bilder in weit größerem Maßstab als bisher öffentliche Wirkung entfalten können, und das sehe ich auch vor dem Hintergrund unserer engen persönlichen Verbundenheit mit dem Rheinland mit großer Freude und Dankbarkeit, besonders im Gedenken an meinen Mann und sein Lebenswerk. Die bisherige Galerietätigkeit wird sich dahingehend verändern, dass die aktive Teilhabe am Kunsthandel mit Messeteilnahmen und Wechselausstellungen reduziert wird zugunsten einer stärkeren Konzentration auf die Kunstvermittlung und den Wissenstransfer mit Ausstellungsprojekten, Vortragsreihen, Kooperationen und Publikationen zur deutschen und internationalen Fotografie des 19. und 20. Jahrhunderts. Hier werden wir einen starken Fokus auf die Zusammenarbeit mit alten und neuen institutionellen und privaten Partnern legen."