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Kultur

Evelyn Richter und Theo Simpson im Düsseldorfer Rathaus mit dem Becher-Preis ausgezeichnet

Der Preis zu Ehren des Künstlerpaares Hilla und Bernd Becher wurde zum ersten Mal von der Landeshauptstadt verliehen


Erstellt:
Redaktion: Ilgenstein, Valentina

Die Landeshauptstadt Düsseldorf zeichnete am Dienstag, 27. Oktober, die Fotokünstlerin Evelyn Richter und den Fotokünstler Theo Simpson mit dem ersten Bernd-und-Hilla-Becher-Preis aus. Der Kunstpreis besteht aus einem Haupt- und einem Förderpreis. Der Hauptpreis ist mit 15.000 Euro dotiert und wurde an Evelyn Richter verliehen, der mit 5.000 Euro dotierte Förderpreis ging an Theo Simpson. Corona-bedingt fand die Verleihung im Rahmen eines kleinen Festaktes mit ausschließlich geladenen Gästen im Plenarsaal des Düsseldorfer Rathauses statt. Interessierte konnten die Verleihung jedoch via Livestream auf der Facebook-Seite sowie der Website der Stadt verfolgen. Prof. Dr. Peter Richter nahm den Preis stellvertretend für seine Schwester Evelyn Richter entgegen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte. Florian Ebner, Kunsthistoriker und Leiter der fotografischen Sammlung des Pariser Museums Centre Pompidou, hielt die Laudatio. Oberbürgermeister Thomas Geisel sprach die Laudatio auf Theo Simpson.

Prof. Dr. Peter Richter: "Hilla und Bernd Becher und meine Schwester Evelyn sind sich im Leben nie begegnet, haben in getrennten Ländern ihre Werke erarbeitet. Und sind sich doch im Arbeitsstil ähnlich gewesen. Nicht das einzelne Bild stand im Mittelpunkt, sondern eine typologische Serie von Fotos, die ihre eigene Bildsprache unabhängig von einem verbalen Text entwickelte."

Florian Ebner: "In den Aufnahmen Evelyn Richters ist der Mensch stets eingepasst in das soziale Gefüge seiner Zeit. Der oder die Einzelne ist nicht denkbar ohne die Gesellschaft, die sie prägt, doch auch die Gesellschaft ist nicht denkbar ohne jene, die sie verkörpern, die sie aufbauen, die sie tragen. Sie sind reisende Existenzen innerhalb des großen Apparats. Dieser Blick auf den oder die Einzelne, das Verhältnis von Individuum und das Kollektiv, es ist das Lebensthema der Fotografin und der politischen Person Evelyn Richters."

Theo Simpson: "Was mich an den Werken der Bechers so berührt hat, waren nicht nur die Formsprache und der Ausdruck der Bilder, sondern auch die Themen selbst und die Herangehensweise an diese Themen. Die Themen werden so präsentiert, dass sie für sich selbst sprechen und sich behaupten können. Sie lenken meine ganze Aufmerksamkeit auf die Form, Funktionalität und Konstruktion der Strukturen." Der Förderpreisträger weiter: "Die Arbeit der Bechers bleibt eine wichtige Inspiration, und es ist mir eine große Ehre, diesen Preis zu erhalten."

Oberbürgermeister Thomas Geisel: "Theo Simpson gelingt es, Vergangenheit und Gegenwart, Industrie und Landschaft in einem Werk zu bannen. Ihm gelingt es, sich der Verwerfungen und Probleme bewusst zu werden und sie uns als Betrachtern näher zu bringen. Dabei macht er es dem Betrachter nicht leicht, wenn manche Werke wie ein Bilderrätsel oder Vexierspiel anmuten."

Der Festakt wurde musikalisch vom Gitarrist und Förderpreispreisträger Arturo Castro-Nogueras begleitet, die Moderation übernahm die Redakteurin und Fernsehmoderatorin Siham El-Maimouni. Die Verleihung wurde mit einer Talkrunde eingeleitet. Oberbürgermeister Thomas Geisel erläuterte gemeinsam mit Dr. Felix Krämer, Generaldirektor der Stiftung Museum Kunstpalast, Galerist Dr. Rupert Pfab und Journalist Carl Friedrich Schröer die Idee hinter dem Becher-Preis, die Bedeutung des Künstlerpaares Becher für die Landeshauptstadt, die Koperation mit dem neuen Fotofestival "düsseldorf photo+" sowie die Bedeutung der Fotokunst für Düsseldorf. Nach der Übergabe der Urkunden an die beiden Preisträger trug sich Prof. Dr. Peter Richter stellvertretend für seine Schwester als Hauptpreisträgerin im Goldenen Buch der Landeshauptstadt Düsseldorf ein.

Der Bernd-und-Hilla-Becher-Preis
Der international ausgerichtete Preis wird in Kooperation mit dem neuen Fotofestival "düsseldorf photo+" zu Ehren der berühmten Künstler Bernd und Hilla Becher vergeben. Der Preis wurde auf Initiative der Veranstalter von "düsseldorf photo +" entwickelt und wird künftig alle zwei Jahre im Rahmen dieses neuen Fotofestivals von der Landeshauptstadt Düsseldorf auf Vorschlag einer unabhängigen international besetzten Fachjury verliehen. Der diesjährigen Jury gehörten Dr. Felix Krämer, Generaldirektor Museum Kunstpalast Düsseldorf, Gabriele Conrath-Scholl, Leiterin Photographische Sammlung der SK Stiftung Kultur, Köln, Max Becher, Künstler, New York/Düsseldorf (Sohn von Bernd und Hilla Becher), Simon Baker, Director Maison Europeene de la Photographie, Paris, und Shoair Mavlian, Direktorin Photoworks London, an.

Jury-Begründung Evelyn Richter
In der Jurybegründung heißt es unter anderem: (Auszug) "In ihrem Werk lotet sie [Evelyn Richter] das Feld des Dokumentarischen neu aus: Inspiriert von der neuen internationalen Sozialfotografie fokussiert Richter den Menschen und seine Lebenswelten so ungeschönt wie empathisch. Als visuelle Chronistin richtet sie den Blick auf ostdeutsche Arbeits- und Alltagswelten, bewegt sich mit ihrer Kamera durch den öffentlichen Raum und trotzt diesem immer wieder bestechend intime Momente ab. Dabei erliegt die Fotografin, die insbesondere nach 1990 auf vielen Reisen stetig ihren fotografischen Radius erweitert, nie der Versuchung, die Welt auf Eindeutigkeiten herunterzubrechen. Vielmehr legt sie Zugänge zu deren Komplexität und ermöglicht es Betrachterinnen und Betrachtern, den Dingen nahe zu kommen. In ihrer Offenheit und Unvereinnahmbarkeit liegt die große Aktualität von Evelyn Richters fotografischer Haltung."

Jurybegründung Theo Simpson
Der Fotokünstler erhält den Becher-Preis im Hinblick auf sein noch junges Werk und die Tradition, die aus dem Werk von Bernd und Hilla Becher wächst. In der Jurybegründung heißt es unter anderem: (Auszug) "Als ein Vertreter der jüngeren Fotografie greift Theo Simpson in die reiche Industriegeschichte Englands, um sein Bildtableau zu entwickeln. Aus den Hinterlassenschaften besonders des mittelenglischen Industriereviers bezieht er konkrete Bildmotive seiner meist farbigen Fotografien. Hier berührt sich das Werk des 1986 geborenen Theo Simpson mit dem von Bernd und Hilla Becher. Deutlich greifen seine Aufnahmen über die Becher‘schen Typologien hinaus und erweitern den industriell grundierten Bildatlas in die Nachmoderne."

Weitere Informationen, zum Beispiel zur Vita der Preisträger, gibt es unter www.duesseldorf.de/medienportal/pressedienst-einzelansicht/pld/premiere-fuer-die-fotokunst-duesseldorf-verleiht-erstmals-den-bernd-und-hilla-becher-preis.html

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