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Kultur

Paul Verhoeven - Grenzgänger und Provokateur

Filmreihe im Filmmuseum Düsseldorf vom 2. bis 30. Mai


Erstellt:
Redaktion: Robl, Julia

Paul Verhoeven polarisiert. Seinem Schaffen wird immer wieder Obszönität und Pornographie vorgeworfen - und doch gehören zu seinem Gesamtwerk Klassiker der jüngeren Filmgeschichte. Mit "Basic Instinct" sorgte er für den Rekord der am meisten von den Zuschauern im Heimkino pausierten Szene in einem Film. Ebenso skandalös erschien der Film "Elle", für den sich keine US-amerikanische Hauptdarstellerin finden ließ und der Isabelle Huppert eine Oscarnominierung einbrachte.

 

Auch Gewalt und Brutalität sind Bestandteile seiner Filme, was die Zensurbehörden ebenfalls seit Jahrzenten auf den Plan ruft und nicht selten zu verschiedenen Schnittfassungen führte. Gewalt ist in Verhoevens Filmen stark überzeichnet und brutales Mittel der Gesellschaftssatire, wie zum Beispiel in "Starship Troopers". Sexualität stellt er währenddessen betont realistisch dar. Überspitzung und Authentizität sind zwei Gegensätze, die er beide gekonnt einzusetzen weiß. Er lotet bewusst Grenzen aus; das bis dato nie gezeigte ist seine Passion. Gerade der menschliche Körper und seine Versehrtheit rücken auf diese Weise in den Fokus.

 

Das Filmmuseum zeigt anlässlich des 80. Geburtstages von Paul Verhoeven - von Mittwoch, 2. Mai bis Mittwoch, 30. Mai - eine Auswahl seines Schaffens, beginnend mit Verhoevens Frühphase bis hin zu seinen bekanntesten Hollywoodfilmen. Die achronologische Filmauswahl spiegelt Verhoevens Vielseitigkeit wider. Bei der Eröffnung der Filmreihe am Mittwoch, 2. Mai, wird die Zukunftsvision "Robocop" in der deutschen 35-Millimeter-Fassung von 1987 zu sehen sein. Zusätzlich wird der Publizist Marco Siedelmann einen Vortrag halten.

 

Aus Verhoevens Frühwerk zeigt das Filmmuseum nicht unumstrittenen und provokanten Werke: Darunter etwa "Der vierte Mann", "Türkische Früchte" sowie "Was sehe ich...! Was sehe ich...!". Neben der Action-Dystopie "Total Recall" mit Arnold Schwarzenegger und dem zu seiner Veröffentlichung mit Protesten begleitete Motorradstreifen "Spetters - Knallhart und romantisch" rundet "Black Book" - ein neuerer, thematisch für Verhoeven untypischer Film über eine Widerstandskämpferin im Zweiten Weltkrieg - " die Reihe ab.



Als besonderes Highlight wird Jost Vacano, langjähriger Kameramann von Verhoeven, am Mittwoch, 23. Mai, zu Gast im Filmmuseum sein. Er filmte unter anderem für "Das Boot", "Die unendliche Geschichte" oder "Robocop". Eine Kartenreservierung wird empfohlen.

Filmprogramm
Mittwoch, 2. Mai, 20 Uhr sowie Samstag, 12. Mai, 21 Uhr
"Robocop"
USA 1987, 102 Minuten, DF, 35mm, FSK 18
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Michael Miner, Edward Neumeier, Kamera: Jost Vacano, Darsteller: Peter Weller, Nancy Allen, Ronny Cox u. a.
Er ist weder Mensch noch Maschine - der "Robocop" ist ein neuartiger Prototyp des idealen Verbrechensbekämpfers. Gleichsam ist er Frankensteins Monster: Erschaffen aus den Überresten des im Dienst brutal ermordeten Polizisten Murphy, versieht er - zuerst ohne Erinnerung an seine frühere Identität - seinen vorprogrammierten Dienst. Als nach und nach Fragmente seines menschlichen Lebens in sein Bewusstsein einsickern, macht er sich auf die Suche nach seinem Mörder.

 

Samstag, 5. Mai, 19 Uhr
"De vierde Man"/"Der vierte Mann"
NL 1983, 100 Minuten, DF, 35mm, FSK 18
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Gerard Soeteman nach dem gleichnamigen Roman von Gerard Reve, Kamera: Jan de Bont, Darsteller: Jeroen Krabbé, Renée Soutendijk, Thom Hoffman u. a.
Die homosexuelle Hauptfigur mit dem geradezu sprechenden Namen Gerard Reve - "rêve" bedeutet im Französischen "Traum" - wird im Wachzustand und im Schlaf von Kastrationsängsten verfolgt. Sein Objekt der Angst, auf das er seine Wahnvorstellungen projiziert, ist die dreifache Witwe Christine. Dennoch lässt er sich auf eine körperliche Beziehung zu ihr ein, um an ihren Freund Hermann zu kommen, den er zutiefst begehrt.

 

Samstag, 5. Mai, 21 Uhr sowie Samstag, 19. Mai, 21 Uhr
"Starship Troopers - Uncut"
USA 1971, 131 Minuten, DF, 35mm, FSK 18
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Edward Neumeier nach dem gleichnamigen Roman von Robert A. Heinlein, Kamera: Jost Vacano, Darsteller: Casper Van Dien, Dina Meyer, Denise Richards u. a.
Mit "Starship Troopers" zeigt das Filmmuseum eines der gesellschaftskritischsten und ironischsten Filme Verhoevens. Die faschistoide Inszenierung einer durch und durch militarisierten Zivilisation, die noch dazu davon ausgeht, dass böse Taten zu einem guten Zweck mehr als legitim sind, wurde von den meisten Zuschauern so nicht aufgefasst. Doch liegt es auf der Hand - sofern man den Film im Originalton hört -, dass der blinde Patriotismus, der die jungen Protagonisten in die grausamsten und unnötigsten Schlachten führt, an den Pranger gestellt wird. Zugleich wird mehr und mehr deutlich, dass die Gleichheit von Mann und Frau, Schwarz und Weiß, nur eine vermeintliche ist.

 

Sonntag, 6. Mai, 17.30 Uhr sowie Samstag, 12. Mai, 19 Uhr
"Turks Fruit"/"Türkische Früchte"
NL 1973, 108 Minuten, DF, 35mm, FSK 16
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch Gerard Soeteman nach dem gleichnamigen Roman von Jan Wolkers, Kamera: Jan De Bont, Darsteller: Monique van de Ven, Rutger Hauer, Tonny Huurdeman u. a.
Der Künstler Erik erklärt Olga zur Geliebten und Muse. Doch die bürgerlichen Konventionen - stellvertretend personifiziert durch Olgas spießbürgerliche Mutter - und die Befürchtung der jungen Frau, nach und nach zum Lubstobjekt degradiert zu werden, führen zur Trennung. Nach vielen Jahren treffen sie sich wieder.

 

Sonntag, 13. Mai, 15 Uhr
"Wat zien ik"/"Was sehe ich...! Was sehe ich...!"
NL 1971, 90 Minuten, DF, 35mm, FSK 16
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Albert Mol, Gerard Soeterman nach Vorlagen von Albert Mol, Kamera: Jan de Bont, Darsteller: Ronnie Bierman, Sylvia de Leur, Piet Römer u. a.
Angesiedelt im Amsterdamer Rotlichtbezirk, folgt der Film episodisch den beiden Prostituierten Greet und Nel, die sich nach einem bürgerlicheren Leben sehnen. Durchbrochen wird die Erzählung durch Greets Anekdoten: Sie kopiert die sexuellen Spleens ihrer Kunden in Form von Rollenspielen. Nel dagegen lernt den bodenständigen, aber sterbenslangweiligen Bob kennen.

 

Freitag, 18. Mai, 19 Uhr
"Elle"
F, D, B 2016, 122 Minuten, OmU, digitalDCP, FSK 16
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: David Birke nach einem Roman von Philippe Djian, Kamera: Stéphane Fontaine, Darsteller: Isabelle Huppert, Laurent Lafitte, Anne Consigny u. a.
Michèle, eine taffe Karrierefrau, wird unversehens Opfer einer Vergewaltigung in ihrem eigenen Haus und wechselt im Anschluss mehr als ambivalent zwischen Stärke, Scham und Lust. Zugleich ist Michèle auf ihre Art Vertreterin zahlreicher Facetten von Weiblichkeit und Frausein, gefangen in verschiedenen Rollen und stets getrieben von dem Wunsch, dem gesellschaftlichen Diktat zu entkommen.

 

Freitag, 18. Mai, 21.30 Uhr
"Spetters"/"Spetters - knallhart und romantisch"
NL 1980, 102 Minuten, DF, 35mm, FSK 16
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Gerard Soeteman, Kamera: Jost Vacano, Darsteller: Hans van Tongeren, Renée Soutendijk, Toon Agterberg u. a.
Drei befreundete Motorradfans werden zu Rivalen im Kampf um eine junge Frau. Die Protagonisten selbst verfolgen dabei eine durchaus fragwürdige Einstellung zu ihrer Sexualität und ihren Körpern: Fientje nutzt ihre Reize, um finanziell weiter zu kommen. Rien ist nach einem Unfall querschnittsgelähmt und sieht nur den Selbstmord als vermeintliche Lösung an. Und Eef kompensiert die erlebte familiäre Gewalt und seine latente Homosexualität mit Aggression gegen Stricher.

 

Mittwoch, 23. Mai, 20 Uhr sowie Mittwoch, 30. Mai, 19 Uhr
"Total Recall"/"Die totale Erinnerung - Total Recall"
USA 1990, 113 Minuten, DF, 35mm, FSK 16
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Ronald Shusett u. a. nach einer Kurzgeschichte von Philip K. Dick, Kamera: Jost Vacano, Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Rachel Ticotin, Sharon Stone u. a.
Douglas Quaid führt in naher Zukunft ein durchschnittliches, ereignisloses Leben. Deshalb möchte er sich gefälschte Erinnerungen an eine Mars-Reise als Top-Agent einpflanzen lassen. Auf dem roten Planeten besteht seit einiger Zeit eine menschliche Kolonie und obwohl Quaid nie dort gewesen ist, träumt er intensiv davon. Doch bei der Prozedur kommt es zu Problemen und plötzlich ist in seinem Leben nichts mehr wie zuvor.

 

Freitag, 18. Mai, 19 Uhr
"Flesh + Blood"/"Flesh + Blood - Nur die Stärksten werden überleben"
USA, NL, SP 1985, 128 Minuten, DF, 35mm, FSK 18
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Gerard Soeteman, Paul Verhoeven, Kamera: Jan De Bont, Darsteller: Jennifer Jason Leigh, Rutger Hauer, Tom Burlinson u. a.
Die junge Agnes soll politisch-vorteilhaft verheiratet werden, wird allerdings von einer Söldnergruppe aus Rache an ihrem zukünftigen Schwiegervater entführt, vergewaltigt und misshandelt. Doch nach und nach gefällt der Prinzessin das raue Leben an der Seite des Söldneranführers Martin und sie eignet sich eine pragmatische Haltung an.

 

Freitag, 25. Mai, 21.15 Uhr sowie Mittwoch, 30. Mai, 21 Uhr
"Basic Instinct"
USA 1992, 127 Minuten, OF, 35mm, FSK 16
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Joe Eszterhas, Kamera: Jan de Bont, Darsteller: Sharon Stone, Michael Douglas, George Dzundza u. a.
Da Catherine Tramell Monate zuvor einen Roman veröffentlicht hat, der eine Tat im Detail wiedergibt,  steht sie im Fokus einer Mordermittlung. Polizist Nick Curran ist schnell gefangen im Bann dieser Frau, die ihn aufs tiefste fasziniert und lässt sich auf eine Affäre mit ihr ein.

 

Sonntag, 27. Mai, 17.30 Uhr
"Zwartboek"/"Black Book"
NL 2006, 145 Minuten, OmU, 35mm, FSK 16
Regie: Paul Verhoeven, Drehbuch: Gerard Soeteman, Paul Verhoeven, Kamera: Karl Walter Lindenlaub, Darsteller: Carice van Houten, Sebastian Koch, Thom Hoffman u. a.
Die niederländische Jüdin Rachel versucht, kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs gemeinsam mit ihrer Familie vor den Nazis zu flüchten. Doch sie werden gefunden und die junge Frau muss das Sterben ihrer Eltern und ihres Bruders mitansehen. In Den Haag unentdeckt angekommen, ändert sie ihren Namen und schließt sich dem Widerstand an. Doch sie verliebt sich in den SS-Hauptsturmführer, auf den sie angesetzt wird. Schließlich ist sie hin- und hergerissen zwischen ihrem Geliebten und dem von deutschen Spionen durchgesetzten Widerstand.

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