Begründung zur Satzung zur Erhaltung baulicher Anlagen gemäß § 39h Bundesbaugesetz für ein Gebiet zwischen der Schlesischen Straße, der Weichselstraße, der Posener Straße, der Breslauer Straße, der Leuthenstraße, der Sudetenstraße, der Roßbachstraße und der Breslauer Straße sowie für Grundstücke südlich der Schlesischen Straße und nördlich der Straße 'Am Hackenbruch' und beiderseits der Frankensteiner Straße, der Richardstraße und der Schweidnitzer Straße

Redaktioneller Stand: Februar 2012

Nach dem deutsch - französischen Krieg (1870/71) begann für Düsseldorf und auch für Eller eine sprunghafte Entwicklung. Es waren die Anfänge der "Gründerjahre" für die deutsche Industrie.

Mit der Ansiedlung neuer Industriewerke im Bereich Oberbilk - Lierenfeld begann in Eller eine intensive Siedlungstätigkeit.

In der Zeit zwischen der Jahrhundertwende und 1912 wurde vor allem an der Richardstraße, der Schweidnitzer Straße und Am Hackenbruch rege gebaut.

Bei den Gebäuden an der Richardstraße und der Schwednitzer Starße handelt es sich überwiegend um zweigeschossige Ein- und Zweifamilienhäuser, die zum Teil auch als zusammenhängende Hausgruppe errichtet wurden. Das Bild dieser beiden Straßen wird deutlich von den kleinteiligen, abwechslungsreich aber gleichzeitig harmonisch gestalteten Gebäuden sowie den Vorgärten geprägt.

Besonders hervorzuheben sind hier die Wohnbauten Richardstraße Nummer 108 - 118, die von dem Architekten Fritz Hofmeister (1909) für den Düsseldorfer Spar- und Bauverein errichtet wurden. Diese Gebäude, die gemäß § 3 DSchG NW NW in die Denkmalliste eingetragen wurden, gehören zu dem am besten gestalteten genossenschaftlichen Wohnbauten in Düsseldorf, mit einer bemerkenswerten und durchaus ungewöhnlichen Detailausbildung. In der Gestaltung der als Arbeiterhäuser gebauten Gebäude werden Motive bürgerlicher Architektur jener Zeit aufgegriffen und auf eine Blockfassade übertragen.

Langsam entwickelte sich das sogenannte "Schlesische Viertel", dessen Geburtsstunde der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung am 14.03.1911 zur Benennung der 10 Straßen im Gelände der "Camagnie Immobiliere" war:

Schlesische Straße, Breslauer Straße, Glogauer Straße, Görlitzer Straße, Liegnitzer Straße, Roßbachstraße, Leuthenstraße, Hohenfriedberger Straße, Breslauer Platz sowie Schweidnitzer Straße.

Aufgrund der drückenden Wohnungsnot nach dem 1. Weltkrieg verursacht durch die stagnierende Wohnungsbautätigkeit , die starke Zunahme von Eheschließungen sowie den Zustrom von Flüchtlingen, griff nach 1918 der Staat durch Einsatz öffentlicher Mittel und durch Mietpreisregelungen vermehrt in den Wohnungsmarkt ein.

Zu Beginn der 20er Jahre wurden vor allem von Wohnungsbaugenossenschaften sowie von der Stadt Düsseldorf Wohnbauten und Siedlungsbereiche errichtet, die sich auch heute noch durch ihren hervorragenden Wohnwert und die gute Qualität des architektonischen Entwurfes auszeichnen.

Die aus den sozial- und versorgungspolitischen Ansprüchen abgeleiteten Siedlungskonzeptionen dieser Zeit sind geprägt von Qualitätsvorstellungen, die sich als konsequente Abkehr von den Mietskasernen-Blöcken des 19. Jahrhunderts sowie als Umformung englischer Gartenstadtkonzeptionen bestimmen lassen.

Aus städtebaulich er Sicht sind besonders die sorgfältige Gestaltung des Wohnumfeldes, insbesondere die durchgrünten Straßenräume, die mit der Bebauung korrespondierende Erweiterung zu Platzräumen und weitläufigen, vielfältigen nutzbaren Innenhöfe sowie die sorgfältige Abstimmung der Baukörper auf ihre Umgebung hervorzuheben.

Ein sehr gutes Beispiel des genossenschaftlichen Kleinwohnungsbaus dieser Zeit stellt die in den Jahren 1919/21 und 1925/26 nach den Plänen des Architekten Fritz Hofmeister von dem Düsseldorfer Spar- und Bauverein für kinderreiche Familien und Kriegsbeschädigte errichtete Wohnanlage zwischen der Richardstraße, der Leuthenstraße, der Sudetenstraße und der Roßbachstraße dar, die im Wesentlichen aus Ein- und Zweifamilienhäusern mit Gärten besteht.

Bei der Gestaltung der traditionalistisch geprägten Gesamtanlage wurden verschiedene Typenhausformen bzw. Hausgruppen zu einer städtebaulichen Einheit von unverwechselbarem Charakter zusammengefasst, die auch in den Details der bauliche Ausführung (Fassadengliederung, Türen, Dachaufbauten) bis heute unverändert blieb.

Besonders sorgfältig ausgebildet sind die Eingangsbereiche, die Hausecken und die Übergänge zwischen den verschiedenen Baukörpern.

Charakteristisch für die Siedlungs- und Blockbebauung dieser Zeit sind auch die Anlagen gekrümmter Straßen und das Motiv der Straßenüberbauung. In diesem Zusammenhang sind besonders die Torbauten Leuthenstraße 15 und Roßbachstraße 22 hervorzuheben, durch die man in Verlängerung der Schweidnitzer Straße in den Blockinnenbereich gelangt.
Die etwa versetzt angeordnete innere Wegführung mündet ursprünglich in einen großen zentralen Platz, von dem aus die Hausgruppe Leuthenstraße 15 a-f erschlossen wurde. Heute ist hiervon lediglich eine durch Hecken begrenzte, geschwungene Wegeführung erhalten, während die restliche Fläche den 6 Reihenhäusern als Vorgärten zugeordnet ist.
Insgesamt stellt die Wohnanlage ein erhaltenswertes Ensemble dar.

Die Siedlungstätigkeit im "Schlesischen Viertel" wurde Ende der 20er Jahre fortgesetzt.
In den Jahren 1927/28 bzw. 1929/30 wurden im Bereich Leuthenstraße 6-30 und Breslauer Straße 66-96 nach den Plänen des Architekten Wolfgang Haase von einer Vielzahl von Einzelbauherren Einfamilienhäuser errichtet.

Der Charakter dieser harmonischen Ziegelarchitektur wird durch die Aneinanderreihung von verschiedenen Haustypen geprägt, deren Wirkung erntlang der Breslauer Straße leider nur noch fragmentarisch erkennbar ist.

Erhaltenswert ist in jedem Fall die in ihren Details (Fassadengliederung, Dachlandschaft) reichere Hausgruppe an der Leuthenstraße, deren Gestaltungsmerkmale im Wesentlichen bis heute bewahrt wurden. Dieser Gebäudekomplex hat zusammen mit der gegenüberliegenden Bebauung eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für das Erscheinungsbild des gesamten Straßenraumes.

Der Gemeinnützige Arbeiter- und Bauverein Freiheit baute Ende der 20er Jahre gleichzeitig an mehreren Stellen des Schlesischen Viertels. So entstand etwa 19/27/28 der Block Weichselstraße/ Posener Straße/ Gleiwitzer Straße/ Torgauer Straße nach den Plänen des Architekten Munzer. Hierbei handelt es sich um einen 3-geschossigen, aus 5-achsigen Häusern bestehenden Wohnblock, der aus Backstein mit Werksteingliederung errichtet wurde.
Die Eingangssituationen sind in der Mitte deutlich durch die Fenstergliederung hervorgehoben. Der viergeschossige Eckbau auf quadratischem Grundriss im Bereich Posener Straße/ Weichelstraße stellt ein funktionalistisches Element in der im Übrigen eher traditionalistisch geprägten Fassadengestaltung dar. Die Ecksituation wird darüber hinaus durch den in Werkstein ausgeführten Ladeneinbau besonders hervorgehoben.
Der Block Torgauer Straße / Katzbachstraße / Schlesische Straße / Weichselstraße wurden 1928 von den Architekten Schöffler, Schlömbach, Jacobi entworfen und in der Folgezeit von dem Gemeinnützigen Arbeiter-Bauverein Freiheit errichtet.

Im Bereich der Weichselstraße wurde in Anlehnung an die Bauten des nördlich angrenzenden Blockes ebenfalls eine Backsteinarchitektur mit Werksteingliederung gewählt. Darüber hinaus ist die Fassade durch 4- geschossige Seiten- und Mittelrisalite gegliedert.

Hieran schließt sich im Bereich Schlesische Straße 58-64 und Katzbachstraße 2-8 eine 3-geschossige Blockrandbebauung an. Diese Putzbauten sind im Eingangbereich durch Mittelrisalite bzw. Einschnitte betont. Außerdem wird die Fassade durch durchlaufende Fenstergesimse gegliedert.

Besonders hebt sich der symmetrische, 6-achsige Giebel im Bereich Schlesische Straße 60/62 hervor.
Zur gleichen Zeit (1928/29) baute der Gemeinnützige Arbeiter-Bauverein Freiheit im Bereich Richardstraße 91/Schlesische Straße 92-98 nach den Plänen des Architekten Hövel einen 3-geschossogen Wohnblock aus 5-achsigen Backsteinbauten. Die Eingangsachsen sind durch Betonlisenen betont. Der Eckbau wird als 4-geschossiges Gebäude mit Flachdach besonders hervorgehoben.

Insgesamt stellen die gegen Ende der 20er Jahre von dem Gemeinnützigen Arbeiter-Bauverein Freiheit erstellten Wohnbauten eine für diese Zeit charakteristische Bebauung dar, die für das "Schlesische Viertel" von stadtbildprägender Bedeutung ist. Dies gilt nicht nur für die architektonische Gestaltung dieser Bauten, sondern ebenso für die Qualität des Wohnumfeldes.

Im übrigen Bereich des "Schlesischen Viertels" wurden die Baulücken nur allmählich geschlossen. Insbesondere entlang der Schlesischen Straße entstanden in den 20er und 30er Jahren zum Teil sehr qualitätsvolle Bauten, die von unterschiedlichen Architekten entworfen und für verschiedene Bauherren errichtet wurden. Ergänzt wurde diese Bebauung zu Beginn der 50er Jahre durch die Bauten, die die Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Düsseldorf-Ost nach den Plänen des Architekten P. Perrin errichten ließ.

Der Bereich Schweidnitzer Straße 54-64 sowie zwischen Schweidnitzer Straße, Roßbachstraße, Breslauer Straße und Schlesische Straße wurden von der Rheinwohnungsbau AG sowie der Gemeinnützigen Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft des Reichsbundes in den Jahren 1941 - 1957 bebaut. Hierbei handelt es sich um einfachen Mietwohnungsbau, der eine Abrundung des Schlesischen Viertels darstellt.

Die Schlesische Straße ist heute ein weitgehend homogener Straßenzug, der deutlich von den im Laufe von rund drei Jahrzehnten entstanden, gut miteinander harmonisierenden Gebäuden bestimmt wird. Das "Schlesische Viertel", das vorwiegend durch Bauten der 20er und 30er Jahre geprägt ist, stellt eine erhaltenswerte, historischem städtebauliche Anlage dar, die eindeutig stadtbildprägenden Charakter hat.