Begündung zur Allgemeinverfügung über die Einstweilige Sicherstellung zur Sicherung des Naturschutzgebietes Elbsee

vom 09. August 2010

Düsseldorfer Amtsblatt Nummer 32 / 33 vom 14.08.2010
Redaktioneller Stand: August 2010

Gründe zu I. Das auf Grund des Landschaftsplans erstellte "Gesamtkonzept für ein verträgliches Miteinander von Nutzung und Naturschutz an Unterbacher See, Elbsee, Menzelsee und Dreiecksweiher in Düsseldorf" kommt zu dem Ergebnis, dass der nördliche Teil des Elbsees eine außerordentlich hohe Bedeutung für die Biotopfunktionen hat. Dies resultiert unter Anderem aus dem besonderen Wert des nährstoffarmen Wasserkörpers, der sich deutlich vom älteren Südteil des Sees unterscheidet. Als Alleinstellungsmerkmal gelten die gut und artenreich ausgeprägten Tauchblatt- und Armleuchteralgengesellschaften, die zum FFH-Lebensraum-typ 3140 "Kalkreiche, nährstoffarme Stillgewässer mit Armleuchteralgen" gehören und mehrere stark gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten enthalten (u. a.: Gegensätzliche Armleuchteralge, Feine Armleuchteralge, Dunkle Glanzleuchteralge, Glänzendes Laichkraut, Spreizblättriger Wasserhahnenfuß, Haarblättriger Wasserhahnenfuß). Darüber hinaus ist das Nordufer mit einer Flachwasserzone und angrenzendem Schilfröhricht als gesetzlich geschütztes Biotop ausgebildet. Es ist Brutgebiet seltener Vogelarten und Lebensraum weiterer seltener Tier- und Pflanzenarten (u. a.: Wasserralle, Teichrohrsänger, Kleine Königslibelle, Gemeine Winterlibelle, Sumpf-Helmkraut, Borstige Schuppensimse) Andere Uferabschnitte und eine Insel sind durch Steilufer und Rohbodenstandorte geprägt. Dort brüten weitere seltene Vogelarten und dort kommen weitere seltene Tier- und Pflanzenarten vor (u. a. Uferschwalbe, Flußregenpfeifer, Kiebitz, Dünen-Sandlaufkäfer, Schwalbenschwanz, Echtes Tausendgüldenkraut). Aufgrund der Größe und Tiefe des Elbsees kommt dem Gewässer eine herausragende Bedeutung für durchziehende, rastende und überwinternde Wasservogelarten zu. Die Liste der am Elbsee beobachteten Wasservogelarten umfasst über 70 Arten, darunter befinden sich zahlreiche zum Teil seltene und gefährdete Arten (u. a.: Rallenreiher, Silberreiher, Rohrdommel, Fischadler, Schwarzmilan, Flußseeschwalbe, Trauerseeschwalbe, Zwergmöwe, Alpenstrandläufer, Bekassine, Bruchwasserläufer, Flußuferläufer, Grünschenkel, Kampfläufer, Rotschenkel, Säbelschnäbler, Sanderling, Sandregenpfeifer, Sichelstrandläufer, Temmickstrandläufer, Waldwasserläufer, Zwergstrandläufer, Brandgans, Mittelsäger, Zwergsäger, Samtente, Trauerente, Spießente, Pfeifente, Krickente, Löffelente, Tafelente, Reiherente). Durch die zunehmende ungeordnete Freizeitnutzung ergeben sich Störungen der geschützten Arten und deren Lebensräumen. Die Sicherstellung dient daher dem Schutz der Unterwasservegetation, dem Schutz der Ufer, dem Schutz von Brutplätzen, dem Schutz von Rastplätzen und dem Schutz der Wintergäste vor äußeren Störungen (Schutzzweck).

zu III.
Die Verbote 1. - 10. sind geeignet, den Schutzzweck zu erfüllen. Sie sind angemessen und stellen keine unzumutbare Belastung dar.
Sie sichern, Störungen der Tierwelt zu vermeiden. Da der Elbsee als Lebensraum für seltene Wasservögel eine landesweite Bedeutung hat, kommt dem Schutz dieser Tiere eine zentrale Bedeutung zu. Wasservögel haben artspezifisch unterschiedliche Fluchtdistanzen, die je nach Situation und Art bis zu 300 m betragen können. Auf Anraten des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) ist daher die Grenze des Schutzgebietes um 100 m gegenüber dem gutachterlichen Vorschlag nach Süden verschoben worden. Dies markiert auch die Grenze zwischen verbotener und zugelassener Winternutzung durch den Wassersport. Das LANUV hat darüber hinaus empfohlen, den hier angeordneten Schutz der Wasservögel durch ein Monitoring zu überprüfen und gegebenenfalls zu verschärfen, wenn der Schutz gemäß § 44 BNatSchG durch die getroffenen Maßnahmen nicht erreicht wird.
Die Verbote stellen ferner sicher, dass der Schutzzweck nicht durch Störungen und Veränderungen gefährdet wird.

zu den Verboten im Einzelnen:

  1. Das Betretungsverbot der Flächen abseits der Wege sichert, dass Erholungssuchende auf für Wasservögel erkennbaren Bereichen verbleiben. Wenn die Wege verlassen werden, werden in der Regel die Fluchtdistanzen der Wasservögel unterschritten. Im Bereich der Halbinsel werden bodenbrütende Vogelarten durch Betreten gestört. Ebenso werden weitere Vogelarten am Ufer gestört (z. B. Teichrohrsänger).
    Durch das Verbot wird darüber hinaus die Vegetation vor Schäden geschützt. Insbesondere die geschützten Uferbereiche werden zurzeit durch Betreten stark geschädigt.
  2. Die Inseln stellen den Hauptbrutplatz sowie den herausragenden Rastplatz seltener Wasservögel dar. Das Verbot dient aufgrund dieser besonderen Bedeutung der Vertiefung des Verbots Nr. 1.
  3. Um eine Beruhigung der Ruderalflächen insbesondere am Ostufer zu erreichen, die zu einer optimalen Biotopentwicklung unabdingbar sind, ist ein Zurückdrängen unerwünschter Badegäste dringend notwendig. Darüber hinaus gelangen durch Baden und Schwimmen unerwünschte Stoffe ins Wasser (Urin, Sonnenmilch etc.), die geeignet sind, den Nährstoffgehalt des Sees nachhaltig zu stören.
  4. Unkontrolliertes Tauchen ist geeignet die Unterwasservegetation des geschützten Lebensraumtyps zu schädigen. Der zugelassene Vereinssport kann durch Absprachen und Regelungen gezielt auf die weniger wertvolle Bereiche des Elbsees gelenkt werden, im Übrigen erfolgt der Zugang zum Gewässer nicht unkontrolliert über die Ufer des Naturschutzgebietes (NSG) sondern nur im dafür zugelassenen Bereich im Landschaftsschutzgebiet (LSG).
  5. Zum Schutz der Ufervegetation dürfen Boote und Surfbretter nur in den dafür zugelassenen Bereichen im LSG im Südosten des Sees zu Wasser gelassen werden.
    Die Uferbereiche sind auch von der Wasserseite aus zu schützen. Im Winterhalbjahr besteht ferner ein strenger Schutz für Wintergäste.
    Verbindliche Regelungen zur Nutzung können mit Sportvereinen getroffen werden, nicht jedoch mit unorganisierten Freizeitnutzern.
  6. Das Angeln darf nur an den dafür freigegebenen Plätzen erfolgen, um den Schutz der Ufer zu sichern und die Störungen brütender Wasservögel zu vermeiden.
  7. Das Grillen kann im Einzelfall zu Störungen durch die agierenden Personen, die Emissionen und oft auch durch zurückgelassenen Müll zu Störungen und Schädigungen der Vögel und deren Lebensräume führen. Im Übrigen stellt das Grillen eine Beeinträchtigung des Erholungsgenusses dar. (siehe hierzu: Allgemeiner Schutzzweck für Landschaftsschutzgebiete 202 c) "wegen der besonderen Bedeutung für die Erholung" der textlichen Festsetzungen im Landschaftsplan der Landeshauptstadt Düsseldorf)
  8. Freilaufende Hunde führen zu Störungen in Bereichen, die für Menschen unzugänglich sind und gehen daher weit über die Störungen, die ein Spaziergänger verursacht, hinaus. Dies gilt insbesondere, da Hunde für wildlebende Tiere eine Gefahr bedeuten und auch als solche wahrgenommen werden.
  9. Modellboote oder -fluggeräte sind in der freien Landschaft seltene Erscheinungen und bedeuten daher insbesondere für Vögel eine mehr oder weniger unbekannte Störung. Daher sind Fluchtreaktionen besonders auf schnelle Modellboote und/oder laute Modellfluggeräte extrem heftig.
  10. Zusätzlich zum Verkehrslärm werden Vögel insbesondere durch den Freizeitlärm erheblich gestört und in ihrer natürlichen Entwicklung beeinträchtigt.
    Darüber hinaus stellt Lärm nach § 117 OWiG grundsätzlich eine Ordnungswidrigkeit dar, die auch dem allgemeinen Schutzzweck 202 c) "wegen der besonderen Bedeutung für die Erholung" der textlichen Festsetzungen im Landschaftsplan der Landeshauptstadt Düsseldorf für Landschaftsschutzgebiete zuwiderläuft.

zu IV.
Nach dem Bundesnaturschutzgesetz handelt ordnungswidrig, wer Zuwiderhandlungen gegen Schutzbestimmungen nach § 22 Abs. 3 (einstweilig sichergestellte Gebiet) vornimmt. Die Höhe der Geldbuße richtet sich u. a. nach dem entstandenen Schaden aber auch nach möglicher Beispielswirkung der Handlungen.

zu V.
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolgt auf der Grundlage des § 80 Absatz 2 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der z. Zt. gültigen Fassung. Sie ist zum Schutze der Allgemeinheit notwendig.
Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung ergibt sich aus dem akuten Handlungsbedarf zur Abwehr der zunehmenden Störungen auf Grund der ungeordneten Freizeit- und Badenutzung des Sees und der Insel und damit einer schleichenden nachteiligen Veränderung der Biotopeigenschaften des Schutzgegenstandes.
Es besteht ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass das einstweilig sichergestellt Naturschutzgebiet wegen des vorhandenen Potenzials bis zu einer förmlichen Festsetzung keine nachteilige Veränderung erfährt. Dies ist wirksam nur durch die Anordnung der sofortigen Vollziehung sicherzustellen, da anderenfalls eine etwaige Klage gegen diese Verfügung die Vollziehung und die Verbotsregelungen dieser Verfügung - zumindest teilweise - außer Kraft setzen würde. Damit würde die Gefahr bestehen, dass Veränderungen des Gebietes durch die Nutzung nicht ausgeschlossen werden können und so die schützenswerten Lebensgemeinschaften und Biotope beeinträchtigt würden oder verloren gingen. Das private Interesse, von der Vollziehung der Verfügung bis zu einer etwaigen Klärung der Rechtmäßigkeit in einem Gerichtsverfahren verschont zu bleiben, muss demgegenüber zurücktreten.