Die beiden Pädagoginnen Maria-Therese Lore und Anne Konnertz vom Kinderhilfezentrum führen die Datenerhebung im Phänologischen Garten durch.
Phänologischer Garten Eulerstraße - Pflanzenbeobachtung für die Klimafolgenforschung
Phänologische Beobachtung
Beobachtet und akribisch festgehalten werden im phänologischen Garten typische Vegetationsstadien wie der Austrieb, die Blüte, die Blattentfaltung, die Blattverfärbung und der Blattfall im Herbst.
Die unter Beobachtung stehenden 32 Pflanzen verteilen sich auf der mehr als 10.000 Quadratmeter großen Grünfläche an der Eulerstraße. Einige wurden im April 2008 eigens angepflanzt, andere konnten aus dem Bestand ausgewählt werden.
Unterlagen für Beobachter: Meldebogen, Handbuch, Tagebuch
Es handelt sich um weit verbreitete Pflanzen, die teils schon seit mehr als 100 Jahren wissenschaftlich beobachtet werden, zum Beispiel Löwenzahn, Forsythie, Birke, Schwarzer Holunder, Schneeglöckchen und verschiedene Obstbäume. Kolleginnen aus dem Kinderhilfezentrum notieren bei ihren zeitweise täglichen Rundgängen phänologische Phasen wie das Datum der Knospung, der Blüte oder der Fruchtreife. Mit Hilfe der parallel erhobenen Wetterdaten an der Station sind Schlüsse auf längerfristige Klimaveränderungen möglich.
Wetterstation und phänologischer Garten Eulerstraße
Am 7. Mai 2008 wurden die Wetterstation Düsseldorf-City und der Phänologische Garten an der Eulerstraße offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Angelegt und errichtet hat das Ensemble auf dem Gelände des Kinderhilfezentrums im Stadtteil Pempelfort das Umweltamt der Stadt. Mit ihm sollen Veränderungen, die der weltweite Klimawandel mit sich bringt, langfristig beobacht werden. Die Wetterstation misst elf meteorologische Parameter wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Niederschlag. Im phänologischen Garten werden an ausgewählten Pflanzen Entwicklungsstadien wie der Austrieb, die Blüte oder der Blattfall regelmäßig erfasst und tagesgenau aufgeschrieben.
Im Rahmen des jährlichen Frühjahrsrundgangs beschneidet unser Gärtner - wo nötig - Bäume und Sträucher. Hier ist es der Boskoop-Apfel, beobachtet im DWD-Programm.
Wetterstation und phänologischer Garten sind Teil des Programms "Die Schöpfung bewahren – 30 Initiativen für den Klimaschutz in Düsseldorf", das zum Ziel hat, den Klimaschutz und damit eine Energie und Rohstoffe sparende Lebensweise in der Landeshauptstadt engagiert nach vorne zu bringen. Eine zweite städtische Wetterstation ist seit 2012 auf dem Gelände des Botanischen Gartens der Heinrich-Heine-Universität in Betrieb.
Messergebnisse und Beobachtungen gehen ein in wissenschaftliche Untersuchungsprogramme der Humboldt-Universität Berlin (GPM - Global Phenological Monitoring) und des Deutschen Wetterdienstes (DWD - Programm). Die Wetterstation, mit separaten Geräten zur Wind- und Sonnenstrahlungmessung auf dem Dach eines Nachbargebäudes, ist außerdem in das Messnetz des Meteomedia-Wetterdienstes eingebunden. Auf diese Weise dienen die automatisiert erhobenen Daten der Wetterstation zum einen kurzfristigen Wettervorhersagen und zum anderen mittel- und langfristigen Beobachtungen klimatischer Veränderungen.
Garten und Station spielen außerdem eine wichtige Rolle bei der öffentlichen Information und der Umweltbildung zum Thema Klimawandel. Beide Einrichtungen werden Besuchergruppen im Rahmen von Führungen zugänglich gemacht und sind in die umweltpädagogische Arbeit des Umweltamtes integriert.
In dieser Phänologischen Uhr für die Mittlere Niederrheinebene (mit Düsseldorf) sind die Zeiträume 1961 bis 1990 und 1991 bis 2019 gegenübergestellt. Besonders auffällig von den zehn Phänologischen Jahreszeiten ist der Winter: Seine mittlere Dauer hat sich um 18 Tage verringert. Auch die Leitphase für den Vorfrühling, die Haselblüte, tritt deutlich früher ein: Sie sprang vom 12. Februar auf den 27. Januar vor.
Phänologie und Klimawandel
Die jahreszeitlich wechselnden Entwicklungs- und Wachstumsphasen der Pflanzen reagieren sehr deutlich auf Temperaturerhöhungen. Vor allem die Lufttemperaturen vor Eintritt der Frühjahrs- und Sommerphasen haben einen ausgeprägten Einfluss auf phänologische Phasen wie den Beginn von Blüte und Blattentfaltung. Dadurch können Pflanzen als hervorragende Indikatoren für Veränderungen des Klimas gelten. Besonders seit Mitte/Ende der achtziger Jahre ist ein deutlich früheres Blühen und Fruchten vieler Pflanzen zu beobachten. Bewegte sich zwischen 1961 und 1990 der mittlere Beginn der Apfelblüte in Deutschland noch um den 7. Mai herum, so ist er zwischen 1991 und 2000 auf den 30. April vorgerückt. In den meisten Regionen Europas kann eine Verlängerung der Vegetationsperiode in den letzten 35 Jahren um gut zehn Tage festgestellt werden. Mit dem phänologischen Garten und der Wetterstation beobachtet das Umweltamt die Folgen des Wandels vor Ort, trägt zur weltweiten Klimaforschung bei und stellt dies der Öffentlichkeit anschaulich dar.
Zitate aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu Phänologie und Klimawandel:
"... in den letzten 4 bis 5 Jahrzehnten (haben sich) die Termine der Blüte und Laubentfaltung in Europa, Nordamerika und Asien im Mittel zwischen 1,2 und 3,8 Tagen verfrüht ..." "... die Vegetationsperiode (hat sich) insgesamt um etwa 2 Wochen verlängert ..." A. Menzel: Phänologische Modelle. Promet Heft 1/2 2007
" Mehrheitlich berichten die Autoren von Verfrühungen in der Blattentfaltung und Blüte von Pflanzen, die sich in den letzten 30 bis 50 Jahren auf 1,4-3,1 Tage pro Jahrzehnt in Europa und auf etwa 1,2-2,0 Tage pro Jahrzehnt in Nordamerika belaufen" "Die stärksten Veränderungen in den Eintrittsterminen sind bei den frühen Phänophasen zu erwarten. So könnte sich bis 2050 der Blühbeginn der Salweide im Mittel um nahezu einen Monat verfrühen." F.M. Chmielewski. Promet Heft 1/2 2007
"Auch Schädlinge passen sich an: So zeigt der Apfelwickler einen verfrühten Erstflugtermin und hat in unserem Gebiet in den Jahren 2003 und 2006 eine partielle zweite Generation ausgebildet. Die höheren Temperaturen werden den Befallsdruck durch Insekten weiter ansteigen lassen." "Ob der Apfelanbau auch bei einer Temperaturerhöhung von 3 bis 4° Celsius, wie für das Jahr 2100 als Extremprognose vorhergesagt, unter Beibehaltung der heute angebauten Sorten noch rentabel ist, erscheint weniger sicher - solche Temperaturen gibt es derzeit in Norditalien und Südfrankreich." Y. Henniges, F.M. Chmielewski, R.W.S. Weber, M. Görgens. Phänologie-Journal Nr. 29/2007
"Für den aktuellen IPCC-(Weltklimarat-)Bericht 2007 wurden 30jährige Datenreihen ausgewertet. 120.000 Datensätze konnten dafür gesammelt werden, von denen 80 Prozent ebenfalls eine Verfrühung der phänologischen Phasen zeigten." Phänologie-Journal Nr. 30/2008
"Als ein wichtiges Ergebnis offenbarte sich, dass sich die Vegetationsperiode (Differenz des jahreszeitlichen Beginns der 'Sal-Weide Blüte' bis zum Beginn der 'Stiel-Eiche Blattverfärbung') in Brandenburg zwischen 1951-2008 um rund 20 Tage (3,4 Tage pro Jahrzehnt) verlängerte. Grundsätzlich kann festgestellt werden: je regionaler die Daten betrachtet werden, desto differenzierter die Veränderungen, wie es am Beispiel der Vegetationsdauer besonders deutlich wurde. Während sich beispielsweise in der Naturraumgruppe Nordbrandenburgisches Platten- und Hügelland die Vegetationsperiode im Beobachtungszeitraum insgesamt um 41,5 Tage (!) verlängerte, ist im Odertal ein Anstieg von lediglich 0,3 Tagen zu verzeichnen, obwohl sich auch hier die phänologischen Jahreszeiten in sich stark verschoben haben." Katrin Haggenmüller, Vera Luthardt. Phänologie-Journal Nr. 33/2009
"We derived a 250-year index of first flowering dates for 405 plant species in the UK for assessing the impact of climate change on plant communities. The estimated community-level index in the most recent 25 years was 2.2-12.7 days earlier than any other consecutive 25-year period since 1760. The index was closely correlated with February-April mean Central England Temperature, with flowering 5.0 days earlier for every 1C increase in temperature." T. Amano, R. J. Smithers, T. H. Sparks, W. J. Sutherland. Proceedings Of The Royal Society B(Biological Sciences), published online 7 April 2010.
Quellenangaben und Leseempfehlungen
Deutscher Wetterdienst: Anleitung für die phänologischen Beobachter. Offenbach 1991
Reinhold Erlbeck/Ilse E. Haseder/Gerhard K.F. Stinglwanger: Das Kosmos Wald- und Forstlexikon. Stuttgart 2002
Ruprecht Düll/Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Wiebelsheim 2005
Werner Rothmaler u. a.: Exkursionsflora von Deutschland, Band 4. Heidelberg 2005
Andreas Roloff/Andreas Bärtels: Flora der Gehölze. Stuttgart 2006
Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW (Hg): 55 Wildpflanzen im Porträt. Recklinghausen 2008
Abbildungen: Umweltamt Düsseldorf, Deutscher Wetterdienst Offenbach
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Landeshauptstadt Düsseldorf Amt für Umwelt- und Verbraucherschutz