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Kultur

Hetjens - Deutsches Keramikmuseum

Ausstellung "Alle Farben Chinas!"

Das Museum an der Schulstraße zeigt ab Donnerstag, 20. September, Stücke aus über 1.000 Jahren chinesischer Keramikgeschichte


Erstellt:
Redaktion: Meissner, Valentina

In der chinesischen Kultur besaßen Farben symbolische Bedeutungen, die meist den drei großen philosophischen Lehren Daoismus, Konfuzianismus und Buddhismus entsprangen. Sie konnten Elemente, Energien, kosmische Zyklen, Dynastien, Gottheiten oder Planeten repräsentieren. Aus diesem Grund besitzen auch Farbglasuren und Schmelzfarbendekore auf alter chinesischer Keramik oft tiefere Bedeutungsinhalte, die sich nur den Eingeweihten erschließen. Sie konnten die Funktion eines Objekts anzeigen, seinen Benutzerkreis einschränken oder eine philosophische Vorstellung repräsentieren. Die suggestiven Farbbotschaften richteten sich an den menschlichen Betrachter, oft waren sie aber auch für die Götter bestimmt.

Das Hetjens - Deutsches Keramikmuseum zeigt ab Donnerstag, 20. September, in der Ausstellung "Alle Farben Chinas!" ein Potpourri aus Glasurtypen und mehrfarbigen Dekorschemen aus über 1.000 Jahren chinesischer Keramikgeschichte. Die Exponate stammen zum Teil aus dem Bestand des Hetjens, außerdem aus bedeutenden deutschen Privatsammlungen. Die Sonderausstellung "Alle Farben Chinas!" wird temporär in die neu konzipierte Dauerausstellung integriert, die gleichzeitig eröffnet wird und ab sofort langfristig durch Leihgaben der Stiftung Hauk ergänzt wird.

Daoistische Fünf-Elemente-Lehre
Grundlage der chinesischen Sichtweise auf Farben ist die daoistische Fünf-Elemente-Lehre (Wuxing), die bereits in über 2.000 Jahre alten konfuzianischen Klassikern erläutert wird, jedoch noch älter ist. Laut dieser Lehre besteht der Kosmos aus den fünf Elementen Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser. Jedes Element wird in diesem Konzept durch eine bestimmte Farbe, Himmelsrichtung, Jahreszeit, einen Planeten, ein Symboltier und weitere Dinge repräsentiert. Alle Elemente interagieren innerhalb vier gleichzeitig stattfindender Zyklen miteinander, deshalb sind die fünf Grundfarben Schwarz, Weiß, Grün/Blau, Rot und Gelb auch Symbole für den ständigen Wandel der Welt. Jede chinesische Kaiserdynastie wählte eins der fünf Elemente und damit auch eine Farbe als ihr dynastisches Symbol. Viele offizielle Porzellane der Yuan- (weiß), Ming- (gelb) und Qing-Dynastien (gelb) wurden daher in deren dynastischen Farben glasiert.

Die Glasuren der Ritualporzellane, die von den Ming- und Qing-Kaisern bei den wichtigen Staatsriten zu Ehren des Himmels, der Erde, des Monds und der Sonne verwendet wurden, folgten nicht gänzlich der Fünf-Elemete-Lehre. Sie orientierten sich mehr an den tatsächlichen Farben des verehrten Konzepts. Auf dem Himmelsaltar wurden blaue, auf dem Erdaltar gelbe, auf dem Sonnenaltar rote und auf dem Mondaltar weiße oder hellblaue Opfergefäße verwendet. Sie fungierten als Medien für die Kommunikation zwischen dem Kaiser und den Göttern und seinen Vorfahren. Ihre Farben, Formen und Größen waren, wie praktisch jedes Detail der Riten, in offiziellen Regularien festgelegt. Auch das Zeremonialgewand entsprach stets der Farbe des verwendeten Porzellans. Kaiser Qianlong ließ 1759 die Farben und Formgebungen der Ritualporzellane für die Staatstempel in einem offiziellen Regelwerk festhalten.

Am Kaiserhof gab es ebenfalls besondere Regeln für die Verwendung farbigen Porzellans. Bei festlichen Anlässen, etwa zu Neujahr oder Geburtstagen, wurde im "Palast der Himmlischen Reinheit" (Qianqing Gong), die größte Halle des inneren Hofes der Verbotenen Stadt, ein Festbankett aufgetischt, an dem die Kaiserin, seine Mutter und alle seine weiteren Gemahlinnen teilnahmen. In den Palastregularien war genau festgelegt, wie die Farbdekore der Porzellanschalen auszusehen haben, aus denen gegessen wird und für welche Ränge welcher Farbtyp bestimmt war. Nur der Kaiser, die Kaiserin und die Kaiserinwitwe (seine Mutter) durften aus vollständig gelbglasierten Schalen essen. Je höher der Rang einer Gemahlin, desto näher standen die Speisen am erhöhten Thron, wo der Kaiser alleine unter der Plakette mit der Aufschrift "Der große Rechtschaffene erstrahle hell!" (Zhen da guang ming) speiste. Eine Konkubine konnte durch die Geburt eines Sohnes, den Tod einer Höherrangigen oder die Gunst des Kaisers in der Haremshierarchie aufsteigen, also im Laufe ihres Lebens von verschiedenen Farbdekoren gegessen haben.

Ausstellung "Alle Farben Chinas!" im Hetjens

Die Ausstellung "Alle Farben Chinas!" wirft ein Licht auf die philosophischen Konzepte, die sich hinter den Glasurfarben verbergen und zeigt auf, dass die Farbwahl, insbesondere auf kaiserlicher Keramik, selten willkürlich oder nach rein ästhetischen Gesichtspunkten erfolgte, sondern meist den Kodexen klassischer Texte oder Regularien der herrschenden Dynastie folgte. Schwerpunkt der Ausstellung ist die monochrome Keramik, die in China vor der Verbreitung des Blauweißporzellans am beliebtesten war und es in elitären Kreisen noch bis zum Ende der Kaiserzeit blieb.

Es werden Stücke aus fünf Kaiserdynastien und verschiedenen regionalen Produktionszentren vorgestellt, von denen viele einen derart hohen Grad an technischer Perfektion und modern wirkender, puristischer Ästhetik besitzen, dass kaum zu glauben ist, dass es sich um Jahrhunderte alte Handwerkskunst handelt. Weitere Schwerpunkte der Ausstellung sind bichrome und polychrome Porzellane der Ming- und Qing-Dynastien, die am kaiserlichen Hof für Staatsrituale und als Bankettgeschirre verwendet wurden.

Rahmenprogramm zur Ausstellung
Führungen: sonntags, jeweils 15 Uhr
23. September, 14. Oktober, 25. November, 16. Dezember, 13. Januar 2019 und die letzte Führung am Sonntag, 17. März 2019.

Vortragsabend: Februar 2019 (Termin wird noch bekannt gegeben)
Abendveranstaltung mit Kurzvorträgen verschiedener Gastwissenschaftler zum kaiserlichen chinesischen Porzellan und seiner Symbolik

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