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Soziales Wohnen

Mit einer Probewohnung zurück ins "normale" Leben

Stadt hilft Obdachlosen von der Straße zu kommen/Städtische Wohnungsgesellschaft stellt Wohnungen zur Verfügung


Erstellt:
Redaktion: Bergmann, Michael

Ein besseres Weihnachtgeschenk hätten sich Patrick G. und Jasmin F. nicht wünschen können: Nachdem sie jahrelang auf der Straße lebten, hat das Paar vor einigen Tagen endlich wieder eine eigene Wohnung bezogen. Es ist eine Probewohnung, die ihnen die SWD Städtische Wohnungsgesellschaft Düsseldorf auf Vermittlung der Stadt zur Verfügung stellt. Und eine Arbeitsstelle hat Patrick auch in Aussicht. Oberbürgermeister Thomas Geisel und Dr. Heinrich Labbert, Geschäftsführer der Städtischen Wohnunggesellschaft Düsseldorf (SWD), besuchten die beiden, die Anfang Januar ein Baby bekommen, jetzt in ihrem neuen Zuhause.

"Wir lassen niemanden allein und helfen, wieder Fuß zu fassen. Ich bin der Städtischen Wohnungsgesellschaft sehr dankbar, dass sie uns Probewohnungen zur Verfügung stellt und denen, die Hilfe brauchen, eine neuen Chance bietet", sagt OB Thomas Geisel. Zusammen mit dem Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsgesellschaft besuchte er Patrick G. (33) und Jasmin F. (25), die vor 14 Tagen eine Probewohnung bezogen haben. Die SWD hat die frisch renovierte Wohnung an der Knechtstedenstraße kurzfristig zur Verfügung gestellt. Das Paar gehörte zu der Gruppe, die im vergangenen Jahr am NRW-Forum campiert hatte und dann in das Haus an der Völklinger Straße gezogen sind. Dies ist jedoch keine geeignete Umgebung für ein neugeborenes Kind, weshalb die Stadt nach einer anderen Unterbringungsmöglichkeit gesucht hatte.

"Uns bedeutet es sehr viel, wieder in einer richtigen Wohnung zu leben. Wir begreifen das als Chance, die wir unbedingt nutzen wollen, zumal wir gerade Eltern werden", sagt das junge Paar. Die beiden werden durch die Diakonie betreut und freuen sich auf ein "normales" Leben. Beide waren wiederholt wohnungslos gewesen und nahmen die sozialarbeiterische Unterstützung an der Völklinger Straße gerne an. Die flankierenden Hilfen beziehen sich unter anderem auf Durchsetzung von Leistungsansprüchen, Anbindung an Schuldnerberatung, Schriftverkehr mit Behörden und anderen Einrichtungen, Klärung von Versicherungsangelegenheiten, Vorbereitung auf das "Elternsein" (Anbindung an proFamilia). Patrick G. war zudem aktiv in Bezug auf Arbeitssuche und hatte zwei Vorstellungsgespräche bei potenziellen Arbeitgebern. Das war insofern erfolgreich, als dass Patrick G. nun eine Arbeitsstelle im Garten- und Landschaftsbau in Aussicht hat und dort bereits zur Probe arbeitet.

Das Instrument Probewohnen gibt es in dieser Form seit dem Jahr 2007. In diesem Zeitraum wurden 155 Wohnungen angemietet. Aktuell sind im Bestand 27 Wohnungen, in denen insgesamt 45 Menschen leben. Anfang 2020 kommen zwei weitere Wohnungen hinzu. 114 Probemietverhältnisse konnten mit einem regulären Mietvertrag fortgeführt werden. Bei 14 Probemietverhältnissen war das nicht möglich, die Betroffenen wurden in eine Gemeinschaftsunterunterkunft zurückgenommen. Im Laufe der Jahre gab es viele unterschiedliche Wohnungsanbieter. Einige kommen als Vertragspartner nicht mehr in Betracht, unter anderem weil die Mieten zu stark stiegen und oberhalb der Mietobergrenze lagen oder sie nicht mehr mit den Bedingungen des Probewohnens einverstanden waren. Aktuell bietet überwiegend die SWD Wohnungen an.

"Als Städtisches Wohnungsunternehmen nehmen wir unsere besondere soziale Verantwortung für die Menschen aus Überzeugung an. Dazu gehört, dass wir auch Menschen eine Chance geben, für die sonst die Türen zu einer eigenen Wohnung verschlossen bleiben. Wir freuen uns deshalb außerordentlich, dem Paar, das bald eine Familie sein wird, eine Wohnung bieten zu können, und wünschen Ihnen alles Gute. Wir unterstützen das Projekt 'Wohnen auf Probe' seit vielen Jahren und werden dies auch zukünftig tun. Die kontinuierliche Betreuung der Mieterinnen und Mieter durch die Ämter während des Probewohnens ist aus unserer Sicht eine ungemein wichtige Unterstützung. Sie stellt sicher, dass der weitere Lebensweg dieser Menschen wieder erfolgreich verlaufen kann, und genau dabei helfen wir gerne", sagt Dr. Heinrich Labbert, Geschäftsführer der SWD.

Derzeit leben rund 1.245 Menschen in städtischen Unterkünften und suchen eine bezahlbare Wohnung. Nach Einschätzung des Amtes können rund ein Drittel von ihnen die Pflichten eines Mietvertrages durchaus erfüllen und sind daher potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten für Probewohnen. Oberbürgermeister Geisel appelliert an alle Vermieterinnen und Vermieter: "Das Grundproblem von Obdachlosigkeit sind in der Regel nicht die Menschen, die Platte machen, sondern der äußerst angespannte Wohnungsmarkt. Es gibt viele Bürgerinnen und Bürger mit und ohne Kinder, die arbeiten und dennoch auf die Hilfe vom Amt angewiesen sind. Sie finden keine angemessene Wohnung. Ich würde mich freuen, wenn Sie uns Wohnungen für diese Menschen zur Verfügung stellen würden." Vermieter, die eine Probewohnung anbieten möchten, können sich an das Amt für Migration und Integration wenden unter der E-Mail-Adresse: probewohnung@duesseldorf.de

Wie funktioniert "Probewohnen"?
Die Abteilung Leistung und Unterbringung des Amtes für Migration und Integration mietet Wohnungen an und gibt diese an in Obdachlosenunterkünften lebende Menschen weiter. Bei der Anmietung wird geprüft, ob die Wohnung den Kriterien (Wohnungsgröße und Mietpreis) des Sozialgesetzbuches II entspricht. In der Regel dauert das Probemietverhältnis zwei Jahre. Das Ziel ist, dass die Wohnung mietvertraglich von den Bewohnerinnen und Bewohnern übernommen werden kann. Rechtlich gilt die Wohnung in den ersten beiden Jahren als ordnungsbehördliche Unterbringung. In dieser Zeit werden die Bewohnerinnen und Bewohner sozialarbeiterisch und wirtschaftlich beraten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes stehen auch den Vermieterinnen und Vermietern als Ansprechpartner zur Verfügung.

Die wohnungslosen Menschen haben in der Regel einen erschwerten Zugang zum ersten Wohnungsmarkt, weil beispielsweise eine negative Schufa-Auskunft vorliegt, sie arbeitslos sind, es ihnen schwer fällt, selbst aktiv nach Wohnung zu suchen, sie von Vermieterinnen und Vermietern aufgrund bestimmter Merkmale wie beispielsweise Migrationshintergrund, Hautfarbe, schlechter Gesundheitszustand, Kindern etc. abgelehnt werden. Auch müssen mehrere Versuche, selbst eine Wohnung zu finden, bereits gescheitert sein. Für eine Probewohnung werden folgende Auswahlkriterien berücksichtigt: Ist die Mietzahlung zukünftig gesichert, lässt das Verhalten in der bisherigen Wohnumgebung und Zustand der aktuell bewohnten Wohneinheit eine günstige Prognose für ein reguläres Mietverhältnis erwarten, können sich die Klienten selbst versorgen und ist der Unterstützungsbedarf überschaubar.

Hintergrund:
Die Gründe, warum Menschen ihre Wohnung verlieren, sind vielfältig. Wer einmal durch das Netz gefallen ist, hat es schwer auf dem angespannten Düsseldorfer Wohnungsmarkt wieder Fuß zu fassen. Die Stadt geht davon aus, dass gegenwärtig rund 150 bis 200 Menschen "Platte machen", also auf der Straße leben. Grundsätzlich stehen das ganze Jahr hindurch zielgruppenspezifische Tagesstätten für den Tag und Notschlafstellen für die Nacht zur Verfügung, so dass niemand auf der Straße schlafen muss. Von dort aus werden die Menschen in reguläre Obdachlosenunterkünfte oder in Facheinrichtungen der Wohnungslosenhilfe vermittelt. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum diese Hilfsangebote nicht angenommen werden: Scham oder Angst vor Behörden, die eigene Entscheidungsfähigkeit einschränkende Alkohol- und Drogensucht oder psychische Probleme bis zu Vorbehalten gegen vorhandene Regeln in der Unterkunft oder auch die freie Entscheidung für eine andere Lebensform. Viele wünschen sich aber, wieder eine eigene Wohnung zu bekommen. Das ist auf dem regulären Wohnungsmarkt sehr schwierig. Deshalb vermittelt die Stadt sogenannte "Probewohnungen": Die Stadt schließt den Mietvertrag, was für die Vermieter die Sicherheit bedeutet, nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben. Zwei Jahre lang werden die Menschen weiterhin betreut - und wenn alles klappt, kann danach ein regulärer Mietvertrag geschlossen werden.

 

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