Allgemeinverfügung zum Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern zum Schutz wildlebender Tiere im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Düsseldorf
vom 24.03.2025
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https://www.duesseldorf.de/bekanntmachungen.html veröffentlicht 29.03.2025; nachrichtlich Düsseldorfer Amtsblatt Nummer 13 vom 29.03.2025 |
Redaktioneller Stand: März 2025 |
Aufgrund § 3 Absatz 2 in Verbindung mit § 44 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Gesetz vom 08. Dezember 2022 (BGBl. I S. 1298) ergeht folgende Allgemeinverfügung:
1. Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern zum Schutz wildlebender Tiere im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Düsseldorf
Die Inbetriebnahme von Mährobotern im Stadtgebiet der Landeshauptstadt Düsseldorf ist zum Schutz von wildlebenden Tieren, vor allem von Igeln und sonstigen Kleinsäugern, von Amphibien, Reptilien sowie von wirbellosen Tieren verboten. Das Inbetriebnahmeverbot gilt für alle Flächen, die mit technischer Unterstützung durch einen Mähroboter im unter Ziffer 2. beschriebenen zeitlichen Geltungsbereich gepflegt werden.
2. Zeitlicher Geltungsbereich
Das Inbetriebnahmeverbot nach Ziffer 1. gilt in der Zeit ab Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang des folgenden Tages (siehe z.B. www.timeanddate.de), (nächtliche Inbetriebnahme).
3. Ausnahmen
Von dem in dieser Allgemeinverfügung geregelten Verbot kann auf Antrag eine Ausnahme erteilt werden, wenn nachgewiesen wird, dass im konkreten Einzelfall keine Gefahr für Leib und Leben der in Ziffer 1. genannten Artengruppen durch den Einsatz eines Mähroboters entsteht (beispielsweise bei Rasenflächen auf Dächern). Dies kann durch die Verwendung von nachweislich tötungsvermeidenden Hilfsmitteln oder einer entsprechenden Gestaltung der Mähroboter nach dem jeweiligen Stand der Technik sichergestellt werden. Der Antrag bedarf mindestens der Textform.
4. Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1. und 2. wird gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet. Eine gegen sie eingelegte Klage hat daher keine aufschiebende Wirkung.
5. Inkrafttreten und Geltungsdauer
Diese Allgemeinverfügung wird gemäß § 41 Abs. 3 und 4 Satz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW öffentlich bekannt gemacht. Die Allgemeinverfügung tritt am Tage nach der Bekanntmachung in Kraft und gilt unbefristet bis zum Widerruf.
Begründung
In verschiedenen europäischen Ländern wurde in den letzten Jahrzehnten eine Bestandsabnahme des Westeuropäischen Igels (Erinaceus europaeus) beobachtet.
Der Igel wird auf der bundesdeutschen Roten Liste der Säugetiere von 2020 als Vorwarnart geführt, international gilt er als „potentiell gefährdete“ Art mit einem negativen Bestandstrend, die einen Individuenrückgang von nahezu 50% über die letzten zehn Jahre aufweist (Weltnaturschutzunion - IUCN, 2024).
In vielen Gärten werden heutzutage Mähroboter zur Pflege der Rasenflächen eingesetzt. Da Mähroboter autonom agieren und dabei sehr geräuscharm sind, werden sie häufig auch in Dämmerstunden und der Nacht in Betrieb genommen, obwohl viele Hersteller von Mährobotern ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Geräte nicht unbeaufsichtigt betrieben werden sollen. Die nächtliche Nutzung hat aber zum Vorteil, dass die Gärten tagsüber ungehindert genutzt werden können. Dieser nächtliche Betrieb stellt jedoch eine Gefahr für wildlebende Tiere dar, da viele nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützte Tierarten, in den Abend- und Nachtstunden nach Nahrung suchen.
Neben dem Igel werden hierdurch auch andere Tierarten, die ebenfalls keine Möglichkeit haben, schnell genug vor Mährobotern zu flüchten, massiv gefährdet, getötet oder verletzt. Viele kleine Tierarten gehen nachts auf Nahrungssuche, um tagsüber nicht Beutegreifern zum Opfer zu fallen. Daher sind sie nachts besonders stark durch die Mähroboter gefährdet. Neben Insekten, Schnecken und weiteren Wirbellosen, sind entsprechend auch besonders und streng geschützte Wirbeltierarten, vor allem Amphibien, wie Frösche, Kröten und Molche, betroffen. Je nach Art migrieren diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Jahr zwischen ihrem Land- und Wasserlebensraum und das auch gerade bei Nacht, um nicht von Beutegreifern gefasst zu werden oder in der Sonne auszutrocknen. Auch manche Reptilienarten, wie die Blindschleiche, gehen nachts und in der Dämmerung auf Nahrungssuche.
In all diesen Fällen kann es passieren, dass die Tiere von dem Mähroboter überrollt und durch die rotierenden Klingen verletzt oder getötet werden. Die Nutzung ist insbesondere für Igel gefährlich, da diese nicht flüchten, sondern stehen bleiben und sich als Schutzreflex zu einer Stachelkugel zusammenrollen. Derzeit bestehende technische Systeme reichen zum Schutz von wildlebenden Tieren noch nicht aus. Wie Studien und Tests der University of Oxford und des Leibniz-Instituts für Zoo-Wildtierforschung gezeigt haben, erkennen die Systeme bislang insbesondere Igel nicht zuverlässig.
Verletzen oder töten Mähroboter Tiere, handelt es sich um einen Verstoß gegen das Verletzungs-und Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). Besitzer*innen/Betreiber*innen eines Mähroboters haben daher dafür Sorge zu tragen, dass durch die Inbetriebnahme keine Gefahr für Igel und andere Tiere entsteht. Das Verbot der nächtlichen Inbetriebnahme von Mährobotern liefert daher einen wichtigen und effektiven Beitrag zum Artenschutz, da es eine weitere Gefahrenquelle für die oben genannten Artengruppen reduziert.
Das Inbetriebnahmeverbot erstreckt sich auf die Hauptaktivitätszeiten einer Vielzahl von wildlebenden Tieren in der Dämmerungs- und Nachtzeit. Es gilt daher in der Zeit ab Sonnenuntergang bis zum Sonnenaufgang des folgenden Tages. Damit stellt es keine unverhältnismäßige Einschränkung für die Nutzung von Mährobotern dar, die zur übrigen Tageszeit genutzt werden können.
Durch diese zumutbare Einschränkung ist der Regelungstatbestand dieser Verfügung zum Schutz und für den Erhalt von wildlebenden Tieren angemessen und verhältnismäßig.
Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage für die Anordnung ist § 3 Abs. 2 i. V. m. § 44 Abs. 1 Nummer 1 BNatSchG. Gemäß § 3 Abs. 2 BNatSchG überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften und treffen nach pflichtgemäßem Ermessen die im Einzelfall erforderlichen Maßnahmen, um deren Einhaltung sicherzustellen.
Gemäß § 2 Landesnaturschutzgesetz NRW ist die Untere Naturschutzbehörde Düsseldorf die hierfür zuständige Naturschutzbehörde.
Hieraus ergibt sich die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Landeshauptstadt Düsseldorf.
Der Westeuropäische Igel (Erinaceus europaeus) sowie alle heimischen Amphibien sind gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 13 b bzw. c BNatSchG i. V. m. Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung besonders geschützt. Als besonders geschützte Arten gelten für sie die artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote gemäß § 44 Abs. 1 Nrn. 1 – 3 BNatSchG. Nach Nummer 1 der genannten Vorschrift ist es verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.
Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Verfügung ist gemäß § 80 Abs. 2 Nummer 4 der Verwaltungsgerichtsordnung im öffentlichen Interesse geboten. Ein gegen diese Verfügung eingelegter Rechtsbehelf entfaltet somit keine aufschiebende Wirkung. Angesichts der unmittelbaren Gefährdung von nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützten Tiere kann der Ausgang eines etwaigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht abgewartet werden.
Hierbei wurden alle betroffenen Rechtsgüter und Interessen, insbesondere die Interessen der Mähroboternutzer*innen, abgewogen. Dabei galt es insbesondere zu berücksichtigen, dass Mähroboter die Ursache für viele getötete oder stark verletzte Wildtiere, vor allem Igel, sind und das Verbot des Betreibens von Mährobotern in der Nacht die Nutzung der Mähroboter nur einschränkt, aber einen sinnvollen Einsatz nicht verhindert.
Das öffentliche Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung der Ziffern 1. und 2. dieser Verfügung und der Verhinderung von Gefahren für wildlebende Arten überwiegt damit das Interesse von Mähroboternutzer*innen an einer aufschiebenden Wirkung und der fortgesetzten Nutzung ihres Mähroboters.